Kopenhagen (dpa) - Schwere Vorwürfe gegen Jens Voigt: Der frühere Teamkollege Tyler Hamilton beschuldigt den Rad-Routinier aus Berlin der Lüge in Bezug auf verbotene Praktiken im ehemaligen Team CSC.
Voigt hatte betont, im dänischen Rennstall nie Dopingvergehen gesehen zu haben, geschweige denn selbst involviert gewesen zu sein. Hamilton warf Voigt nun in der Zeitung «B.T.» vor, Ex-Kollegen wie ihm nach dem Armstrong-Skandal beim Versuch der Doping-Aufklärung in den Rücken zu fallen. «Er spuckt mir damit ins Gesicht», klagte der Amerikaner. Ob er glaube, dass Voigt selbst gedopt habe? «Absolut», sagte Hamilton. Beweise für die Behauptung habe er aber nicht.
Der 41-jährige Voigt hatte mehrfach erklärt, als Fahrer im Team CSC nie etwas von Doping gesehen oder gehört zu haben. Dazu meinte Hamilton: «Glaubt er, dass ihr (Journalisten) Idioten seid? Das ist das Lächerlichste, was ich je in meinem Leben gelesen habe. (...) Man müsste mit Scheuklappen herumgelaufen sein, wenn man in einer Karriere über 15 Jahre nie etwas gehört oder gesehen haben will.»
«Sieht so aus, als würde es nie enden», twitterte Voigt, offensichtlich als Reaktion auf das Interview Hamiltons. «Ich bin gerade vom Training nach Hause gekommen, nur um dann die jüngsten News zu erfahren, ich habe es sooo satt!!!»
In einem Rundumschlag griff Hamilton, der selbst Doping gestanden und als Kronzeuge gegen seinen ehemaligen Kapitän Lance Armstrong ausgesagt hatte, auch CSC-Teamchef Bjarne Riis an. «Bjarne wusste Bescheid, wenn ich gedopt wurde. Er wusste alles.» Unter anderem warf er der dänischen Rad-Ikone, die 1996 für Telekom die Tour de France gewonnen hatte, vor, ihn mit dem spanischen Doping-Arzt Eufemiano Fuentes zusammengebracht zu haben. Riis hatte stets erklärt, er habe Fuentes nie persönlich getroffen oder anderen Kontakt gehabt.
Riis gerät immer mehr unter Druck. Der Chef des heimischen Radsportverbandes (DCU), Tom Lund, sagte im TV-Sender DR2: «Wenn Hamiltons Behauptung stimmt, dass Riis Fuentes kannte, hat der keinen Platz mehr im Radsport.» Der Däne hatte nachträglich Doping bei seinem Tour-Sieg 1996 zugegeben. «Man kann im nationalen Fernsehen einmal lügen und nationale Vergebung bekommen, wie es bei ihm der Fall war. Aber zweimal geht das nicht», sagte Lund.
Hamilton war 2002 und 2003 Spitzenfahrer im damaligen Riis-Team CSC. In dieser Zeit habe er alle vier Wochen zum Blutdoping bei Fuentes in Madrid reisen müssen, gab er in «B.T.» an und sagte weiter: «Bjarne wusste von jedem dieser Besuche.» Riis habe als Teamchef außerdem während der Tour die verbotene Einnahme von Cortison zur Leistungssteigerung durch alle Fahrer persönlich geplant. Er verfüge nicht über Beweise, sagte Hamilton.
Weder Riis noch das Team Saxo Bank-Tinkoff Bank wollten sich zu den Vorwürfen äußern. Von dem Amerikaner ebenfalls beschuldigte Ärzte erklärten in «Jyllands-Posten», sie hätten Cortison ausschließlich und wie erlaubt gegen gesundheitliche Probleme verabreicht.