Berlin (dpa) - Erst der Rekord - dann das Karriereende. Udo Bölts, der unter dem Eiffelturm zu seiner 12. Tour de France startet und damit deutscher Rekordhalter wird, hat die Marschroute der letzten Monate seiner 14-jährigen Profi-Karriere festgelegt.
«Es gab wie immer einen langen Familienrat. Dann haben wir festgelegt, dass Schluss sein soll. An meine letzte Tour kann ich spontaner als bisher herangehen. Wenn ich mich stark fühle und attackieren will, greife ich an», sagte der fast 37-Jährige, der nach 13 Jahren bei Telekom im Vorjahr wenig fein aufs Altenteil geschoben wurde und diesmal als großer Routinier beim Tour-Debütanten Gerolsteiner als verlängerter Arm der Teamleitung fungieren soll.
Der gelernte Werkzeugmacher, Vater zweier Kinder, war im Laufe seiner Karriere immer die Selbstlosigkeit in Person, der gute Mensch aus Heltersberg. Die etwas derb an die Adresse Jan Ullrichs formulierte Durchhalteparole «Quäl dich, du Sau» machte Bölts 1997 bekannter als alle seine Erfolge. Diesmal tippt er Ullrich hinter Lance Armstrong und Joseba Beloki auf Rang 3.
Trotzdem war im Rückblick nicht Ullrichs erster Tour-Sieg eines Deutschen sein schönstes Sporterlebnis, sondern ein eigener Erfolg: «Der Sieg 1992 auf der Königsetappe beim Giro d'Italia in Pila war das Größte», sagte Bölts, der mit 13 Jahren Radfahrer wurde, weil er 84 Kilo wog und abnehmen wollte. Die Kur hatte Erfolg: Über 70 Kilo kommt Bölts selten im Jahr.
Neben der Aufopferung für andere («wenn die Oberschenkel beim Aufstieg schmerzen, beiße ich mir auf die Lippen») blieb auch noch Platz für einen kleinen Schuss Egoismus: Bölts war drei Mal deutscher Profi-Meister, gewann 1996 das Weltcup-Rennen in San Sebastian, im Jahr darauf die Tour-Generalprobe Dauphiné Libéré und landete bei der Tour 1994 in der Endabrechnung auf Rang 9. Ein Tour-Etappensieg fehlt noch.
Wenn Bölts das Rad im Herbst in die Ecke geschoben hat, soll er bei Gerolsteiner an die Seite des Sportlichen Leiters Christian Henn - früher sein Team-Kollege bei Telekom - rücken. «Wir wären ja dumm, den Udo mit seiner Erfahrung ziehen zu lassen. Das hat schon mal jemand getan. Er wird ins Team-Management integriert, aber noch ist nichts fixiert - Udo fährt ja noch Rad», sagte Gerolsteiner-Chef Hans-Michael Holczer.
An den Tour-Teilnahme-Rekord von Joop Zoetemelk (Niederlande) mit 16 Teilnahmen kommt Bölts nicht mehr heran. Erik Zabel, der zum zehnten Mal dabei ist, könnte Bölts als Rekordhalter einmal beerben.
«Die schönste war die erste Tour. Ich kam aus dem staunen nicht mehr heraus», sagte Bölts, der sich wegen einer Nicht-Nominierung zur Tour 2000 sogar kurzfristig anders orientierte und als Debütant beim Iron Man auf Hawaii vor drei Jahren auf Rang 163 unter 1548 Teilnehmern landete. Eine weitere Herausforderung hat er sich für später aufgehoben: «Ich will einmal einen Achttausender besteigen.»