Brüssel (dpa) - Johan Museeuw stemmt sich nach handfesten Doping- Anschuldigungen vehement gegen Rufschädigung und damit auch gegen Äußerungen seines Landsmannes Jacques Rogge.
Der IOC-Präsident hatte den im Vorjahr im Alter von 38 Jahren zurückgetretenen Radprofi, der in Belgien den Status eines Volkshelden genießt, kritisiert: «Seine Siegerliste bleibt bestehen, weil er nie erwischt wurde. Aber den Wert der Siege kann man sicherlich bezweifeln.»
Museeuw, der 1996 in Lugano Weltmeister geworden und in den 90er Jahren der erfolgreichste Klasiker-Jäger war, soll die Blutdoping- Präparate Aranesp und EPO genommen haben. «Zweifellos soll ich vom Podest gestoßen werden. Ich habe nichts Verwerfliches getan, nur versucht, meiner Arbeit nachzugehen», erklärte Museeuw am Wochenende.
In der flämischen Tageszeitung «De Morgen» waren Justiz-Akten der Staatsanwaltschaft von Kortrijk im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den Tierarzt und Dopinghändler José Landuyt veröffentlicht worden. Aus ihnen geht hervor, dass die Ermittler SMS- Nachrichten zwischen Museeuw und Landuyt abfingen. «Aus den abgehörten SMS und Faxen, den Befragungen und den Äußerungen von Landuyt und anderen Leuten ergibt sich, dass Museeuw mit Sicherheit Aranesp und EPO genommen hat», erklärte die Staatsanwaltschaft.
«Was hier passiert, ist nicht hinnehmbar. Hier wird die Unschuldsvermutung, auf die jeder ein Anrecht hat, in Frage gestellt», kritisierte Museeuws Anwalt die Veröffentlichung der internen Akten. Museeuw war im Oktober 2004 vom belgischen Radsportverband im Zusammenhang mit der «Tierarztaffäre» wegen Dopings für zwei Jahre gesperrt worden. Da der «Löwe von Flandern» seine erfolgreiche Karriere jedoch bereits im letzten Frühjahr beendete, hatte die Suspendierung nur noch symbolische Bedeutung. Ihm droht allerdings jetzt ein Gerichtsverfahren.
Landuyt schickte am 7. Juli 2003 eine SMS an Museeuw mit dem Text: «Du solltest jetzt 80 bis 100 Wespen nehmen, nach dem Start am 9. Juli zwischen 40 und 60. Dann bist du ab dem 19. Juli sauber.» Im Code von Landuyt und Museeuw bedeutete «Wespe» eine Einheit des Produkts Aranesp. Am 26. Juli 2003 sendete Museeuw eine SMS an Landuyt, in der es aufgeregt hieß: «Ich habe 52!» Damit meinte der Radprofi seinen Hämatokritwert, der über der Schwelle von 50 Prozent lag, ab der eine automatische Sperre erfolgt. Der Veterinär antwortete: «Nimm Salz und trinke viel.»
Nach einer Sturzverletzung bei Paris-Roubaix und einem Motorradunfall hatten operierende Ärzte in Belgien schon einmal den begründeten Verdacht geäußert, Museeuw habe sich mit Blut-Doping- Mitteln versorgt.