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Simon Stiebjahn fiel durch das Raster. Foto: Armin M. Küstenbrück/EGO-Promotion
10.01.2015 09:15
MTB: Simon Stiebjahn und die Bruchstellen im System

Köln (rad-net) - Der Gewinner der KMC MTB-Bundesliga, Simon Stiebjahn, hat seinen Vertrag beim Team Bulls vorzeitig bis Ende 2017 verlängert. Das bringt auch eine Verlagerung seines Wettkampf-Schwerpunkts mehr in Richtung Marathon mit sich. Hintergrund ist das Ausscheiden aus der Sportfördergruppe der Bundeswehr und der Verlust des Nationalkader-Status.

Simon Stiebjahn war 2014 (mit Tim Böhme) Dritter beim renommierten Absa Cape Epic-Etappenrennen, Deutscher Meister im Eliminator Sprint, Bundesliga-Gesamtsieger, Gewinner der Sparkasse Trans-Zollernalb. Der Schwarzwälder kann das vergangene Jahr als tolle Saison in den Büchern abheften, doch in die Freude darüber mischt sich ein leicht schales Gefühl.

Denn Simon Stiebjahn verlor seinen Platz in der Sportfördergruppe der Bundeswehr und damit auch die finanzielle Grund-Absicherung. Primärer Grund: Es fehlen die Ergebnisse für die Fortsetzung der Förderung.

Das wirkt im ersten Moment sehr befremdlich. Doch bei näherem Hinschauen wird die Entscheidung auf dem Hintergrund der bestehenden Strukturen nachvollziehbar. Bereits im Juni wird über die Vergabe der wenigen Plätze in der Sportfördergruppe entschieden, weil der Eintritt zur Bundeswehr zum 1. September erfolgen muss.

Der andere wichtige Aspekt ist, dass für die Sportfördergruppe nur Ergebnisse im Cross-Country und vor allem auf internationaler Ebene eine Rolle spielen. Simon Stiebjahn war nach dem Cape Epic zum Weltcup-Auftakt in Pietermaritzburg noch nicht erholt genug (43.) und dann, nach einem Höhentrainingslager im Mai, hat er vermutlich Fehler mit der Trainings-Dosierung begangen. So misslangen die Weltcups in Nove Mesto und Albstadt ebenfalls und es stand kaum ein Argument für den Verbleib in der Sportfördergruppe zu Buche.

«Die Entscheidung im Juni passt im Grunde nicht in unser Schema. Das bildet nicht mal die halbe Saison ab», sagt Bundestrainer Peter Schaupp. Aber der Verband muss sich an die Vorgaben halten. Simon Stiebjahn ist mit der Entscheidung «prinzipiell einverstanden», wie er sagt. «Das Ende der Bundeswehr-Zeit war absehbar. Ich bin der Meinung, dass man jungen Sportlern die Chance geben muss, im Übergang nach der Junioren-Zeit in der U23. So wie bei mir auch. Die Bundeswehr gab mir die Unterstützung den Sprung zum Profi zu schaffen», erklärt Stiebjahn.

Dass die Resultate im Cross-Country fehlten, sei für ihn indes keine Begründung. Christian Pfäffle (nach Verletzung und Krankheit) und der Junioren-Weltmeister von 2013, Lukas Baum, der den Platz letztlich bekommen hat, haben auch nichts Zählbares eingefahren. Da mag dann wirklich das Alter eine Rolle gespielt haben.

Was Stiebjahn auch ärgert, ist der Umstand, dass er auf Umwegen und spät davon erfahren hat. Die Kommunikation sei nicht wunschgemäß gelaufen ist, bekennt auch der Bundestrainer. «Zum Teil hat Simon damit Recht. Ich muss mir das ankreiden lassen, ich hätte ihn auch direkt ansprechen können», sagt Peter Schaupp. Die Information, dass darüber diskutiert wird, versandete erst einmal im Dreieck Bundestrainer – Heimtrainer (Frank Brückner) – Sportler.

Schaupp ist nicht die entscheidende Instanz, er wird von Sportdirektor Patrick Moster um seine Expertise befragt und beim BDR wird dann entschieden, wen man der Bundeswehr als Sportsoldat vorschlägt. Da kann es auch zu differierenden Meinungen kommen.

Durch den Wegfall des Solds bei der Bundeswehr, war Simon Stiebjahn zum Handeln gezwungen. Obwohl sein Vertrag noch bis Ende 2015 gelaufen wäre, wurde er bei der ZEG, die das Team Bulls finanziert, vorstellig. «Es war ein positives Gespräch. Ich habe die Situation erklärt und da wurde nicht sehr lange überlegt. Mein neuer Vertrag fängt die Einbuße des Solds auf und ich kann uneingeschränkt mein Studium Internationales Management in Ansbach fortsetzen. Ich habe das Glück, dass ich meinen Sport uneingeschränkt fortsetzen kann», erzählt Simon Stiebjahn.

Allerdings verschieben sich die sportlichen Prioritäten mehr in Richtung Marathon. Schon weil das Team Bulls auf die Langstrecken-Events ausgerichtet ist und Stiebjahn (siehe Cape Epic) ein Hoffnungsträger in dieser Disziplin ist.

«Ich werde trotzdem weiter Cross-Country fahren, aber der Schwerpunkt geht mehr in Richtung Marathon. Ich werde sicher einige Rennen der Marathon World Series fahren. Der Wechsel zwischen den Disziplinen hat mir bisher nie Probleme gemacht», blickt Stiebjahn auf die kommende Saison.

Die Option Olympische Disziplin will er aber bis 2016 beibehalten. „Ich bin aktuell der vierte deutsche Fahrer in der Weltrangliste. Das kann ja noch von Bedeutung werden“, meint er mit Blick auf die Olympische Disziplin. Die ersten drei Fahrer jeder Nation zählen ins Nationenranking, das wiederum über die Zahl der Startplätze bei Olympia entscheidet.

Dass für Stiebjahn nach Bundeswehr-Zugehörigkeit auch noch die zur Nationalmannschaft flöten geht, ist eine andere Geschichte. Der Bund Deutscher Radfahrer wurde vom Deutschen Olympischen Sportbund dazu aufgefordert die Kader zu verringern, um effektiver mit Verbleibenden arbeiten zu können.

So kommt es zu der irritierenden Situation, dass ein Sportler, den man möglicherweise für den Kampf um die Startplätze benötigt, keinen Platz im Kader hat. Auch hier ist es so: Für den Bereich Marathon oder Sprint gibt es keine Fördergelder und die Flexibilität des Verbands in Sachen Unterstützung ist sehr eingeschränkt.

So dreht sich das ein wenig im Kreis. Ohne Förderung wendet sich der Sportler vom Cross-Country-Sport ab und ohne Ergebnisse in dieser Disziplin kommt er auch nicht wieder rein. Ein Stück weit kappt der Verband damit den Zugang zu einem Teil der Nachwuchs-Athleten. Das System hat Risse

«Jahrelang gab es in Deutschland keinen Nachwuchs und jetzt lässt man einen nach dem anderen Sportler fallen. Das ist für mich eine traurige Entwicklung. Wenn man breiter aufgestellt ist, dann ist es auch wahrscheinlicher einen ganz nach vorne zu bringen. Wenn man frühzeitig minimiert, wird es schwerer», beschreibt Simon Stiebjahn die Situation aus seiner Sicht. Er könne beim Team Bulls auch ohne Nationalkader schnell Rad fahren. Aber gute Cross-Country-Resultate werden mehr oder weniger Abfall-Produkte sein. Wenn es gut geht, dann in Stiebjahns Fall trotzdem mit hoher Qualität.

Tatsächlich klafft bei den Herren hinter Moritz Milatz und Manuel Fumic (Cannondale Factory Racing), beide vom Jahrgang 1982, eine Lücke an Jahrgängen. Erst beim Jahrgang 1989 (Markus Bauer) greift das wieder. Bauer unterschrieb beim Kreidler Werksteam und auch das ist ein Team, das auf Marathon ausgerichtet ist.

«Das ist keine einfache Situation. Eine Förderung im Marathon ist nicht möglich, weil es kein olympischer Sport ist. Uns sind da die Hände gebunden. Dass das keine befriedigende Situation ist, das ist klar. Aber ich habe keine Lösung dafür. Wir können froh sein, dass die Jungs im Marathon Geld verdienen können und nicht ganz aus dem Sport heraus fallen», sagt Peter Schaupp.

Simon Stiebjahn kündigt jetzt erst Mal an, dass zwar Cape Epic und dann die Marathon-EM in Singen Priorität genießen, Cross-Country und Sprint aber weiter eine Rolle spielen. «Ich will das nicht hängen lassen. Mir macht das Spaß und bisher hatte ich mit der Kombination keine Probleme», so der 24-Jährige.

Im Cross-Country-Visier sind erst mal die Weltcups in Nove Mesto und Albstadt und natürlich auch das Heimrennen der KMC Bundesliga in Titisee-Neustadt.

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