Charleroi (dpa) - Der Patient ist noch nicht richtig auf den Beinen: Jan Ullrich ist mit Rang 80 zum Auftakt des 89. Giro d'Italia in sein zweites Saison-Rennen gestartet. Im Ziel der 2. Etappe in Charleroi hielt er diesen Status.
Ullrich kam als 128. zeitgleich mit dem Spurtsieger Robbie McEwen an, der seinem Team-Kollegen Olaf Pollack nur um einen Wimpernschlag bezwang.
Im 6,2 Kilometer langen Einzelzeitfahren hatte Ullrich am Vortag auf den Schnellsten, den Italiener Paolo Savoldelli (7:50 Minuten), vor den Toren Lüttichs 49 Sekunden verloren. Dabei ließ Ullrich, der das zweitwichtigste Etappenrennen der Welt mit lediglich 654 Wettkampf-Kilometern in den Beinen angeht, winzige Fortschritte erkennen.
Nach 197 Kilometern erreichte er das Ziel nach 197 Kilometern im Hauptfeld und verzichtete danach zu Gunsten Pollacks auf einen aktuellen Kommentar. «André Korff und Mathias Kessler haben gut für mich gearbeitet. Ich habe mich nur auf McEwen und Petacchi konzentriert. Wenn es morgen wieder so läuft, hätte ich nichts dagegen», sagte Pollack, der auf Rang zwölf im Gesamtklassement vorrückte. 2004 trug er einen Tag das Rosa Trikot, das jetzt mit 21 Sekunden Rückstand wieder in Reichweite ist. Im Massenspurt war Alessandro Petacchi auf Platz vier der große Verlierer.
Das Rosa Trikot verteidigte Vorjahresgewinner Savoldelli, der sich damit das schönste Geschenk zu seinem 33. Geburtstag selbst machte. Der 2005 zurückgetretene Tour-Rekordsieger Lance Armstrong will seinen ehemaligen Team-Kollegen demnächst besuchen.
Ullrich, den eine Reizung im rechten Knie drei Wochen zurückwarf und der erst vor elf Tagen bei der Tour de Romandie in die Saison startete, macht sich keine Illusionen für die kommenden 22 Tage. «Ich freue mich auf die nächsten Wochen, auch wenn ich weiß, dass es für mich sehr schwer wird,» sagte Ullrich nach der ersten Etappe in der Industriestadt Seraing, in der Stefan Schumacher (8:03) als bester Deutscher auf Rang vier die große Überraschung war.
«Ich versuche, die Tour de France gewinnen. Es gibt kein besseres Vorbereitungsprogramm, als den Giro durchzufahren. Die schweren Bergetappen zum Schluss brauche ich nach meinem verspäteten Einstieg», erklärte Ullrich und machte nochmals deutlich, dass die Italien-Rundfahrt für ihn nichts anderes als ein Trainingslager unter erschwerten Bedingungen darstellt.
Stefan Schumacher aus Nürtingen sah beim Prolog lange wie der Sensationssieger aus. Die «Gazzetta dello Sport», Veranstalter des Rennens, nannet ihn den «anderen Schumacher». Der Profi vom Team Gerolsteiner hatte im April bei der Sarthe-Rundfahrt die Bühne nach Ullrichs Absage genutzt und mit Sekundenbruchteilen gewonnen. Nach seinem starken Giro-Auftakt ist von dem 24-Jährigen weiteres zu erwarten.
«Vielleicht klappt es ja mal mit einem Etappensieg», sagte Schumacher.
Seine starken Leistungen im T-Mobile-Konkurrenz-Team mag Genugtuung für den glatzköpfigen Schumacher sein: Vor zwei Jahren wurde er von den Bonnern wegen fehlender Perspektiven aussortiert.