Pila (rad-net) - 600 Nachwuchs-Mountainbiker aus 29 Nationen haben sich in dieser Woche im italienischen Pila zu den Jugend-Europameisterschaften der Alterskategorien U17 und U15 getroffen. Eine offizielle BDR-Mannschaft wurde bewusst nicht delegiert, aber dennoch waren 33 Fahrerinnen und Fahrer mit den Länderkürzel «GER» am Start der insgesamt vier Wettbewerbe. Und es standen deutsche Nachwuchs-Biker auch zweimal ganz oben auf dem Podest.
Zum zweiten Mal fanden die Jugendeuropameisterschaften in 1800 Metern Höhe auf dem italienischen Bergplateau über dem Aosta-Tal statt – grandiose Aussicht auf den monumentalen schneebedeckten Mont Blanc inklusive. Die 600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer bedeuten eine Steigerung von 30 Prozent gegenüber dem Vorjahr, das Fahrerlager war entsprechend farbenfroh und lebendig. Das alles spricht für das Event, der sich aus dem European Youth Festival entwickelt hat.
Über die sportliche Bedeutung der Jugend-EM und ihre Sinnhaftigkeit, die in Graz-Stattegg aus der Taufe gehoben wurde und bis 2017 auch immer dort stattgefunden hat, diskutiert man aber nach wie vor kontrovers. Dass es für die Kinder, respektive Jugendlichen ein großartiges Bike-Happening vor eindrucksvoller Berg-Kulisse ist, eine internationale Begegnung auf Stollenreifen, dürfte dagegen unbestritten sein. Hieß es noch 2018, dass keine offiziellen EM-Titel vergeben werden, so ist das 2019 anders. Sowohl im Team-Relay mit dreiköpfigen Mixed-Mannschaften, als auch im Eliminator und im abschließenden Cross-Country werden offiziell Europameisterinnen und Europameister gekürt. Nur das Auftaktzeitfahren diente lediglich als Hilfe für die Startaufstellungen.
Anfangs war die Jugend-EM vor allem als Team-Event gedacht und umgesetzt. Teams gibt es weiterhin, aber es werden neben dem Staffelwettbewerb eben auch je zwei Einzeltitel vergeben. Teilnehmen kann im Grunde jeder, die Teams können innerhalb der Altersklassen beliebig zusammen gestellt werden. Selbst Einzelmeldungen sind möglich, auch wenn die Sportler dann immer ganz hinten aufgestellt werden. In Pila wurden Nationalteams als Trio formiert, aber auch aus Landesverbänden, Klubs oder existierenden MTB-Teams ein Dreier-Gespann zusammengestellt.
«Nicht dem Prädikat EM unterwerfen
Beim Bund Deutscher Radfahrer (BDR) hat man über Sinn, Zweck und Wirkung einer offiziellen Delegation kontrovers diskutiert und sich dagegen entschieden eine «Nationalmannschaft» in BDR-Kleidung hinzuschicken. «In diesem Alter geht es uns vor allem um die Ausbildung der bike-spezifischen Fähigkeiten und nicht um Titel und Medaillen. In der U17 muss man ein Rennen nicht dem Prädikat EM unterwerfen. Und wenn wir ein Nationalteam da hin schicken, müssten wir wieder eine Auslese treffen. Dann müssen wir wieder Ergebnisse zum Maßstab machen. Und das obwohl wir uns darüber im Klaren sind, dass in diesem Alter die Kinder ganz unterschiedlich weit entwickelt sind und reine Ergebnisse über das Potenzial noch wenig aussagen», erklärt BDR-Nachwuchs-Coach Marc Schäfer. Übrigens schickt auch der französische Verband keine offiziellen Teams dort hin.
Gegen einen internationalen Vergleich und eine sportliche Woche, wie sie in Pila stattgefunden hat, haben die BDR-Trainer aber gleichwohl nichts einzuwenden. Auch nicht gegen das inspirierende Erlebnis, zu dem ein solches Aufeinandertreffen für den Nachwuchs werden kann. Und das ist die Jugend-EM auf jeden Fall.
An manchen Stellen wirkt der internationale Vergleich sogar entspannter als man das von der Nachwuchs-Sichtung kennt. Die 13- bis 16-Jährigen und ihre Familien sorgen in Pila jedenfalls mit Ratschen und Glocken für eine tolle und farbenfrohe Stimmung am Streckenrand, wenn sie nicht gerade selbst im Einsatz sind.
Hahn und van Thiel gewinnen Gold-Medaillen im Eliminator
Im Eliminator feierten die deutschen Biker gleich zweimal eine Goldmedaille. Sina van Thiel (Blaichach) gewann die Sprint-Konkurrenz in der U17 und profitierte dabei von einem Sturz, in dem ihre drei Konkurrentinnen verwickelt waren. Auch Andrea Kravanja aus Bad Tölz, die sich durch eine klare Bestzeit im Zeitfahren zur Favoritin gemacht hatte, bei dem Sturz in hohem Bogen vom Rad flog und am Ende mit Rang vier vorlieb nehmen musste.
In der U15 war ihre Vereinskameradin Carla Hahn vom TSV Benediktbeuren die Schnellste von 91 Konkurrentinnen und sie war auch im Finale nicht zu schlagen.
Insgesamt waren die deutschen Vertreter auch noch mit Finja Lipp (Rheinfelden, 7.), Alexa Fuchs (Römerstein, 6.) sowie Lars Gräter (5.) aus Schwäbisch Hall in der U17 und in der U15 neben Carla Hahn auch Maresa Stocker (4.) aus Holzkirchen in den Finals vertreten, die bei den jungen Damen im Viertelfinale der besten 16 und bei den jungen Herren im Achtelfinale begannen.
Silber für Herzog
In den abschließenden Cross-Country-Rennen gab es am Samstag für Emil Herzog aus Simmersberg hinter dem Dänen Gustav Heby Pedersen eine Silbermedaille zu feiern. Dabei hatte er nach einer Runde nur an 24. Stelle gelegen und 51 Sekunden Rückstand. Im Ziel dann nur noch 32 Sekunden. Lars Gräter holte sich als Zehnter sein zweites Top-Ten-Ergebnis, Paul Schehl wurde 17., Fabian Eder (Töging) 19. Ein Feld von 200 Startern erinnerte an frühere Weltcup-Zeiten, als es noch kein extra U23-Rennen gab und diese Marke häufiger überschritten wurde.
In der weiblichen U17 gab es beim Sieg der Schweizerin Lea Huber für die Deutschen drei Top-Ten-Ergebnisse. Sina van Thiel wurde Fünfte vor Alexa Fuchs und Andrea Kravanja landete auf Rang neun. Auch Antonia Weeger auf elf und Finja Lipp auf 15 hielten sich im Feld der 103 Fahrerinnen sehr gut.
In der U15 musste Carla Hahn krankheitsbedingt verzichten. Lara Liehner belegte als beste Deutsche Rang fünf. Allerdings lebt Liehner in Wetzikon in der Schweiz und kommt aus dem Nachwuchs-System des Nachbarlandes. Deshalb fährt sie auch für den Trainingsstützpunkt Zürisee. Als 21. war Seline van Thiel die zweitbeste Deutsche. In der männlichen U15 wurde Lasse Eschler als Zehnter bester Deutscher. Er fährt für den Bike-Club Spiez in der Schweiz.