Berlin (dpa) - Jan Ullrich ist wieder auf dem Rad unterwegs und sein ehemaliger Chef Olaf Ludwig geht von einem baldigen Comeback des Tour-de-France-Siegers von 1997 aus.
«Ich bin mir ziemlich sicher, dass Jan Ullrich wieder Radrennen fahren wird», erklärte der frühere T-Mobile-Direktor Ludwig am Wochenende in einem Interview mit dem «Berliner Kurier». Ob er allerdings seine alte Leistungsstärke erreichen könne, sei eine ganz andere Frage, ergänzte Ludwig.
Passend dazu veröffentlichte die «Bild»-Zeitung die Ullrich-Aussagen, dass er rund um sein Haus in Scherzingen am Bodensee wieder jeden Tag bis zu drei Stunden auf dem Rad sitze. Ullrich: «Ich gehe auch in den Kraftraum und die Höhenkammer.» Ein Foto zeigt den 32-Jährigen beim Rad-Training. «Mein Ziel ist es jetzt, den angestauten Ärger auf dem Rad abzubauen. Wenn mir das gelingt, habe ich verdammt viel Energie», wird der unter Doping-Verdacht stehende Ullrich zitiert.
Wegen seiner mutmaßlichen Verstrickung in den spanischen Doping- Skandal um den Arzt Eufemiano Fuentes war Ullrich zunächst von der diesjährigen Tour de France ausgeschlossen und später von seinem Arbeitgeber T-Mobile suspendiert worden. Ein Verfahren gegen Giro- Sieger Ivan Basso, der ebenfalls zu den ausgeschlossenen Tour-Startern gehört hatte, war von den italienischen Sportverbänden zuletzt wegen Mangels an Beweisen eingestellt worden. Ullrich steht im Moment als der Einzige im vermeintlich größten Doping-Skandal der Radsport-Geschichte da, dem Konsequenzen drohen.
Ludwig kritisierte die Verpflichtung des gleichfalls unter Verdacht stehenden Italieners Basso durch den amerikanischen Rennstall Discovery Channel. «Discovery setzt die Einstellung des Verfahrens in Italien mit einem Freispruch gleich. Was da noch vom Ehrenkodex der Teamchefs übrig bleibt, ist eine andere Frage. Der Dumme ist CSC-Boss Bjarne Riis, der den Vertrag mit Basso löste», sagte Ludwig. Auch Ludwigs Nachfolger, der neue T-Mobile-Sportchef Rolf Aldag, hatte es als «unverständlich» bezeichnet, dass Basso wieder für ein ProTour-Team fahren kann.
Um Ullrich, gegen den der Schweizer Verband ein Sportgerichtsverfahren anstrebt, buhlt das zweitklassige italienischen Rad-Team «Tinkoff Credit Systems». Allerdings müsste Ullrich erst eine Lizenz für das kommende Jahr erhalten. Seine Schweizer Lizenz hatte er mit seinem Austritt aus dem Verband abgegeben, in Deutschland und Österreich besitzt er keine Aussicht darauf.
Einige Veranstalter haben Ullrich inzwischen für das neue Jahr schon einen Start in Aussicht gestellt. «Um jemand zu verurteilen, müssen Beweise und Schuldspruch vorliegen. Wenn es das nicht gibt, wird eine Ausgrenzung rechtlich sehr bedenklich», erklärte Heinz Seesing, Chef des Berliner Sechs-Tage-Rennens, im «Berliner Kurier». Für die Sixdays ab 25. Januar 2007 in Berlin wäre Ullrich gern gesehen: «Wenn er fahren kann, ist er eingeladen», sagte Seesing. Auch die Veranstalter des Traditionsrennens «Rund um den Henninger Turm» in Frankfurt würden Ullrich fahren lassen, «vorausgesetzt, er ist frei von Doping-Verdacht».