Andorra (dpa) - Sechs Wochen vor dem Start der Tour de France wähnt sich Jan Ullrich auf gutem Weg. Auch, wenn er beim ersten großen Härtetest noch Reserven im Formaufbau für sein großes Ziel offenbarte, Lance Armstrong im letzten Anlauf im Juli doch noch ein Mal zu bezwingen.
«Etwa 30 Prozent fehlen vielleicht noch», meinte sein Betreuer Rudy Pevenage, nachdem Ullrich auf der 4. Etappe der Katalonien-Rundfahrt die erste ernsthafte Bergtour der Saison beim Aufstieg auf den 1865 Meter hohen Pal in Andorra als 17. im Tagesklassement bestanden hatte. Im Ziel fehlten ihm 1:19 Minuten auf den Tagessieger, den ausgewiesenen Kletterer Leonardo Piepoli aus Italien.
«Das war ein idealer Trainingstag über lange Distanz, und ich bin nicht ans Limit gegangen», sagte Ullrich nach der Kletterpartie. Dass es bei dem 31-Jährigen an diesem Tag nicht noch besser gegangen ist, fand Pevenage gar nicht so schlecht: «Das erinnert ihn wenigstens daran, dass er weiter hart arbeiten muss bis zur Idealform», sagte der Belgier, der bei der Tour wieder nur seinen besseren Hobby-Betreuer spielen darf und nebenbei wieder für die ARD als Fernseh-Experte tätig sein wird.
Aber der 51-jährige, der Ullrichs Weg seit 1996 begleitet, ist - wie immer - optimistisch: «Jan wird seine Kraft am Berg noch steigern und auch noch etwas Gewicht verlieren. Seine Verfassung ist wesentlich besser als im Vorjahr.» Ullrich wähnte sich am Ende der 8,2 Km langen Steigung über durchschnittlich 6,5 Prozent sportlich so gut drauf «wie noch nie zu diesem Zeitpunkt».
Auch für außersportliche Probleme hat Pevenage ein Ohr. «Natürlich denkt er oft daran. Wir hatten lange Gespräche darüber. Ich glaube, die Trennung von seiner Familie wird ihn bei der Tour nicht belasten», sagte Pevenage zu den privaten Turbulenzen des gebürtigen Rostockers, der am vergangenen Sonntag die seit einiger Zeit vollzogene Trennung von seiner Freundin Gaby und seiner fast zweijährigen Tochter Sarah Maria öffentlich gemacht hatte. Am Freitag meldete die US-Zeitschrift «Star» das Aus der Beziehung zwischen Armstrong und Rockstar Sheryl Crow.
Nach dem Ende der anspruchsvollen «Volta Catalunya» in Nordspanien steht bei Ullrich wieder Training auf dem Stundenplan. Danach bestreitet er - zusätzlich zum ursprünglichen Plan - am 4. und 5. Juni den schweren Grand Prix Schwarzwald in Triberg. Den gewann im Vorjahr Markus Fothen vom Team Gerolsteiner, der beim Giro derzeit aus deutscher Sicht Furore macht.
Am 11. Juni wird mit der Tour de Suisse die für Ullrich übliche Tour-Generalprobe eingeläutet, die er im Vorjahr erstmals gewann. Zwischen diesen Terminen plant der T-Mobile-Kapitän mit Team-Kollegen wieder Abstecher nach Frankreich, um einige Tour-Steigungen persönlich unter die Lupe zu nehmen. «Zur Zeit sind allerdings noch viele Pässe gesperrt. Wir gucken, wann es zeitlich passt», sagte Teamchef Mario Kummer.