Berlin (dpa) - Rad-Profi Jan Ullrich will nach Ablauf seiner Sperre wegen Medikamentenmissbrauchs gleich wieder Rennen fahren. «Bis 23. März, also Mailand-San-Remo, bin ich gesperrt. Wenn alles normal verläuft, könnte ich Ende März bei der Katalanischen Woche in Spanien mein erstes Rennen bestreiten», sagte der Tour-de-France- Sieger von 1997 in einem Interview der «Welt am Sonntag».
Er wolle sich mit großen Erfolgen wieder in der Szene integrieren. «Ich werde hart und zielstrebig trainieren, denn ich starte nicht ein Comeback, um dann im Pulk mitzurollen. Ich will und werde wieder siegen», versicherte Ullrich.
Eine Rückkehr zum Team Telekom schließt Ullrich nahezu aus. «Wir haben lange verhandelt, immer und immer wieder gesprochen und haben keinen gemeinsamen Nenner gefunden. Deshalb haben wir uns in Frieden getrennt», sagte er. Durch seine verfahrene Situation im Frühjahr habe er sich entschlossen, seine Karriere in einem anderen Umfeld und bei einer anderen Mannschaft fortzusetzen. «Bei Telekom stagnierte meine Leistung. Man muss einem Profi einfach mal zugestehen, dass er ein Team wechselt und neue Wege beschreitet. Immerhin will ich nicht mehr und nicht weniger als ein zweites Mal die Tour gewinnen. Für dieses Ziel muss ich auch unpopuläre Maßnahmen ergreifen dürfen», verteidigt der Merdinger seine Entscheidung.
Dass er noch ohne Team ist, beunruhigt ihn nicht: «Mich drängt doch nichts. Ich bin ohne Vertrag und kann jederzeit bei einem Team einsteigen.» Natürlich wolle er nicht zu irgendeinem Team. Es müsse eine Mannschaft sein, bei der er seine Vorstellungen verwirklichen könne. «Wenn die Saison richtig losgeht, werde ich auch einen unterschriebenen Vertrag in der Tasche haben», ist Ullrich optimistisch.
Was sich bewährt hat, daran wolle er weiter festhalten: «An meinem langjährigen Trainer Peter Becker, auch an meinem Manager Wolfgang Strohband. Beide sind wichtige Bezugspersonen für mich, zu denen ich Vertrauen habe.» Der erste Test nach sieben Monaten am letzten Mittwoch über 70 Minuten mit einer 30-km-Tour auf den Straßen rund um den Kaiserstuhl bezeichnete Ullrich als «ein Geschenk des Himmels». Erst am Morgen hatten ihm die Ärzte einen guten Heilungsprozess des lädierten rechten Knies diagnostiziert.
In Merdingen bereitet Ullrich mit Freundin Gaby Weiss seinen Umzug in die Schweiz vor und will sich bis Weihnachten gemütlich im neuen Haus in Scherzingen im Kanton Thurgau eingerichtet haben, wo er auch gute Trainingsmöglichkeiten im Hochgebirge vorfindet. Der Profi stellt klar, dass der Wohnortwechsel nicht aus Steuergründen erfolgt. «Ich bin nach deutschem und schweizerischem Recht voll versteuert. Es gibt keine Steuervorteile. Mein Trainer Peter Becker und ich haben uns ausschließlich von trainingsmethodischen Gesichtspunkten leiten lassen.»