Cala d'Or (dpa) - Bereits im Januar dreht sich für Jan Ullrich schon alles um den Juli. Die Tour de France wirft im Trainingslager des T-Mobile-Tams auf Mallorca bereits deutlich ihre Schatten voraus. Und es stellen sich Fragen über Fragen.
Schafft der Toursieger von 1997 doch noch ein Mal den großen Wurf, bestreitet Rekordsieger Lance Armstrong seine letzte Tour 2005 oder 2006, wie verhält sich Ullrichs Kronprinz Andreas Klöden und soll Erik Zabel zu Gunsten eines weiteren Ullrich-Helfers auf die Tour verzichten, wie es offensichtlich vorgesehen ist?
Teamchef Mario Kummer, das Management, das von Olaf Ludwig 2006 alleinverantwortlich übernommen werden wird, und die beteiligten Fahrer sind schon knapp sechs Monate vor dem Tourstart voll im Thema. Die Fotografen hatten im T-Mobile-Quartier in Cala d'Or Gelegenheit Bilder vom Team-Kapitän Ullrich zu schießen. Sogar Armstrong, der sein Trainingslager in Solvang/Kalifornien startete, soll Fotos von seinem langjährigen Widersacher geordert haben.
Obwohl Ullrich schon ein dreiwöchiges Trainingscamp in Südafrika hinter sich hat, kämpft der Wahlschweizer offensichtlich wieder mit alten Problemen. Die schwere Erkältung von Anfang Dezember entpuppte sich in seiner Nacherzählung als «Lungenentzündung, die ich ohne Antibiotika auskurierte». Rhythmusstörungen im Training durch die Krankheit waren zwangsläufig, aber warfen Ullrich nicht aus der Bahn: «Inzwischen rechne ich pro Jahr bei mir immer zwei, drei Krankheiten ein.»
Ullrich und sein Umfeld sind weit entfernt von Panik, obwohl der 31-Jährige eingesteht, dass keine Zeit mehr bliebe, «um lax daher zu radeln». Mindestens noch zwei Jahre - so lange läuft sein Vertrag bei T-Mobile - habe er das Zeug, «um den Toursieg zu fahren». Und als Kapitän der «besten Mannschaft der Welt» spüre er eine «große Verantwortung». Anders als im Vorjahr zur gleichen Zeit sei er jetzt beschwerdefrei: «Meine Krankheit ist auskuriert.»
Immer die Ruhe, sagt sich Ullrich: «Im Sommer kommt es geballt - da muss ich schnell fahren. Bis zu meinem ersten Rennen habe ich noch zwei Monate Zeit. Die Saisonhöhepunkte liegen bei mir nun mal zwischen Tour de Suisse und WM, Anfang März will ich mit der Murcia-Rundfahrt starten.» In einem Interview mit den «Ruhrnachrichten» las ihm sein Entdecker Peter Becker die Leviten: «Jan hat einen Fehler. Er denkt: Das klappt schon irgendwie, auch wenn ich es locker angehen lasse. Man muss ihm auf die Füße treten.»
Im ersten «Dreierblock» auf Mallorca legte der Spätstarter fast 500 Km zurück und rechnet weiter mit einem Armstrong-Start im Juli: «Egal, was er jetzt sagt. Lance gehört zur Tour und ich gehe auch davon aus, dass er kommt. Ein Toursieg zählt auch ohne ihn. Mit ihm wäre aber besser.»
Das meint auch der letztjährige Tour-Zweite Andreas Klöden, der mit Ullrich in Südafrika trainierte, danach in St. Moritz Ski fuhr und zur Tour «mindestens mit der Form von 2004» antreten will. «Mit Jan, Alexander Winokurow und mir haben wir drei Kandidaten für das Podium in Paris. Die erste Bergetappe wird entscheiden, wo jeder von uns steht», meinte Klöden selbstbewusst und scheint sich von der Rolle des reinen Edelhelfers für seinen Freund emanzipiert zu haben. An der Tour-Hierarchie lässt Teamchef Kummer allerdings vorerst keinen Zweifel: «Jan ist unser Kapitän».