Berlin (dpa) - Jörg Jaksche hofft auf den Status des Doping-Kronzeugen und ist bereit für den Justiz-Marathon. «Ich stelle mich jedem Gericht», sagte der geständige Doping-Sünder, dessen Termine bei Justitia sich häufen.
«Zuerst wird es ein Treffen mit dem für mich zuständigen Österreichischen Verband geben. Mein Anwalt hatte sich bereits bei der WADA über die Kronzeugen-Regelung informiert, die eine Halbierung meiner zu erwartenden Strafe auf ein Jahr bringen könnte», sagte der ehemalige Radprofi der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Der Präsident des Internationalen Radsportverbandes UCI, Pat McQuaid, hat Jaksche kritisiert und eine automatische Strafmilderung für den Profi abgelehnt. «Jaksche ist ein Fahrer, dessen Karriere zu Ende geht. Offenbar wollte er daher noch einmal kurz vor Schluss Kasse machen», sagte McQuaid dem ZDF-Magazin «Frontal21». Eine Strafreduzierung hänge von den weiteren Aussagen des Athleten ab. Jaksches Äußerungen über Absprachen zwischen einzelnen Radteams und der UCI über Dopingkontrollen bezeichnete McQuaid als «komplett falsch». Der Verband werde rechtliche Schritte prüfen.
Verklagt wurde Jaksche von den von ihm Beschuldigten noch nicht. Mögliche Kosten, die entstehen könnten, seien Vertragsgegenstand mit dem «Spiegel». In dem Nachrichtenmagazin hatte Jaksche ein umfassendes Geständnis abgelegt. Trotzdem ist die ermittelnde Staatsanwaltschaft Ansbach an Jaksche-Anwalt Michael Lehner noch nicht wegen eines Vernehmungs-Termins herangetreten, berichtete der seit sieben Jahren in Kitzbühel lebende Sportler weiter.
Von einer Einladung vor die unabhängige Anti-Doping-Kommission des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), zu der ihn Verband-Präsident Rudolf Scharping in Wiesbaden wohl etwas vorschnell «für übernächste Woche» einlud, wusste Jaksche noch nichts: «Ich habe bis zur Stunde keine Einladung. Komme aber gerne, wenn sie meine Aussage wollen.» Das Gremium mit Fritz Sörgel vom Institut für medizinische und pharmazeutische Forschung in Nürnberg soll am 12. Juli seine Arbeit aufnehmen.
Auf seine «Spiegel-Beichte», gegen die die Erklärungen seiner ehemaligen Team-Kollegen Rolf Aldag und Erik Zabel sehr rückständig wirken, habe Jaksche sonst «vornehmlich positive Reaktionen» bekommen. «Auch Erik Zabel hat angerufen. Er fand es gut, dass ich ausgepackt habe», berichtete der Franke. Der zweimalige Vize-Weltmeister Zabel hatte zusammen mit dem jetzigen T-Mobile-Teamchef Aldag am 24. Mai Doping-Vergehen gestanden - allerdings nur bis zur Verjährungsgrenze 1999. Teamchef Hans-Michael Holczer von Gerolsteiner, mit dem er seit des geplatzten Vertrages im Jahr 2003 kein Wort mehr redete, habe Jaksche nach seinem Geständnis angerufen, «weil er es mit dem Anti- Doping-Kampf ernst meint.»
Im Hinblick auf die in London beginnende Tour de France ist der «Kronzeuge» etwas optimistischer als Holczer, der eine «sauberere Tour als in der Vergangenheit, aber keine saubere» erwartet. «Natürlich gibt es noch Lücken bei den Kontrollen, aber es wird wesentlich korrekter zugehen, als noch vor zehn Jahren». Im Vergleich zu den Jahren «1996, '97, '98 oder danach» hätte sich heute schon viel zum Positiven verändert, meinte Jaksche.
Zur Zeit fahre er täglich zwei bis drei Stunden, um abzutrainieren. Sollte er in den Genuss eines Straf-Rabatts durch die Kronzeugen-Regelung kommen, wie WADA-Chef Richard Pound wohl schon signalisierte, will der 30-Jährige im nächsten Jahr versuchen, wieder ein Team zu finden, das ihn als Radprofi anstellt.