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24.03.2004 09:48
Interview mit Sylvia Schenk zur Hauptersammlung des BDR in Gelsenkirchen

Gelsenkirchen (rad-net) Am kommenden Wochenende findet in Gelsenkirchen die Hauptversammlung des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) statt. Die Verantwortlichen des BDR tagen vom 25. bis zum 27. März bereits zum vierten Mal in Gelsenkirchen. Stefan Schwenke sprach im Vorfeld mit Sylvia Schenk, der Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer, über ihre Ziele für die Versammlung sowie ihre persönlichen Erinnerungen an Gelsenkirchen.

Frage: „Frau Schenk, am Wochenende ist der Bund Deutscher Radfahrer zum vierten Mal in Gelsenkirchen zu Gast. Was sind ihre Erwartungen für diese Bundeshauptversammlung?“
Sylvia Schenk: „Zuerst rechne ich in Gelsenkirchen mit einer hervorragenden Bundeshauptversammlung - die Vorbereitung liegt vor Ort bei Vater und Sohn Rosiejak in besten Händen. Inhaltlich haben wir ein volles Programm, im Olympiajahr steht natürlich der Spitzensport noch mehr im Vordergrund als sowieso schon. Außerdem stehen mehrere Präsidiumsmitglieder zur Wahl und es sollen weitreichende Satzungsänderungen beschlossen werden. Künftig wird die Bundeshauptversammlung nur noch alle zwei Jahre stattfinden - damit wird Gelsenkirchen einen wichtigen Schritt in der Geschichte des BDR markieren.“

Frage: „Bei den Olympischen Spielen von Sydney war der BDR mit zehn Medaillen der erfolgreichste deutsche Sportverband. Wird sich ein solcher Erfolg bei den kommenden Spielen wiederholen lassen? Was erwarten Sie von Athen?“
Schenk: „Das Ergebnis in Sydney war herausragend, da stehen wir natürlich unter einem hohen Erwartungsdruck. Auch wenn nicht ohne weiteres damit zu rechnen ist, wieder so gut abzuschneiden, haben wir uns ein Ergebnis wie in Sydney zum Ziel gesetzt. Die Resultate des vergangenen Jahres lassen darauf hoffen: Zum Beispiel im Mountainbike mit Weltmeisterin Sabine Spitz oder mit Lado Fumic, auf der Bahn mit den herausragenden Sprintern insbesondere bei den Männern, aber auch im Ausdauerbereich. Und auf der Straße haben wir bei Frauen und Männern gleich mehrere Leistungsträgerinnen und Leistungsträger. In jeder Disziplin sind dem BDR alle bislang möglichen Startplätze bereits gesichert.

Frage: „Zuletzt tauchte das Präsidium des Bund Deutscher Radfahrer in den Medien außerhalb des Radsportes nur im Zusammenhang mit dem Eklat um den deutschen Bahnvierer bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart auf und musste dabei einige Kritik einstecken. Ist die Problematik um die erfolgreichen Bahnfahrer inzwischen geklärt?“
Schenk: „Zur Zeit läuft die Mediation und die Situation hat sich beruhigt. Aber völlig erledigt sind die Probleme sicher noch nicht, dazu gingen sie zu tief. Leider ist es in allen Sportarten so, dass Nominierungsentscheidungen immer hitziger umstritten sind. Wir hoffen für die Zukunft aber, mehr Ruhe in diese Entscheidungen zu bekommen.“

Frage: „Sie stehen als Frau an der Spitze eines Verbandes, in dessen Sportart die Frauen zumindest in den Massenmedien keine Rolle spielen. Warum fehlt dem Frauen-Radsport die öffentliche Wahrnehmung und welche Möglichkeiten sehen Sie für die Zukunft?“
Schenk: „Der Radsport ist für Frauen erst sehr spät olympisch geworden. Die Frauen sind bei den Olympischen Spielen erst seit 1984 auf der Straße und erst seit 1988 auf der Bahn dabei. Deshalb gibt es hier grundsätzlich noch Nachholbedarf. Dazu muss die überragende öffentliche Wahrnehmung des Profiradsports der Männer durch die lange Geschichte und damit verbundene Legendenbildung berücksichtigt werden. In Deutschland kommt hinzu, dass mit Jan Ullrich und Erik Zabel bei den Männern seit rund acht Jahren zwei absolute Weltstars einen großen Teil der Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Darunter leiden auch andere männliche Radsportler, deren Leistungen nicht genug gewürdigt werden. Der Bund Deutscher Radfahrer hat in den vergangenen Jahren bei seiner Öffentlichkeitsarbeit den Frauen einen besonderen Stellenwert eingeräumt und die Medien auch immer wieder auf Versäumnisse hingewiesen. Auf Initiative der Radsportjugend wird im Moment die Durchführung eines „Jahr des Mädchenradsports“ diskutiert, durch das gebündelt für den Radsport der Mädchen und Frauen geworben werden soll.“

Frage: „Sie waren schon als aktive Leichtathletin und sind heute als Funktionärin viel unterwegs. Welche persönlichen Erinnerungen verbinden Sie mit Gelsenkirchen?“
Schenk: „Zuerst denke ich an die Deutschen Leichtathletikmeisterschaften 1975 in Gelsenkirchen. Damals steckte ich gerade im ersten juristischen Staatsexamen, habe Freitagmorgen noch eine Klausur geschrieben, bin dann nach Gelsenkirchen gedüst und dort am Sonntag Dritte über 1500 Meter geworden. Am Montagmorgen stand die nächste Klausur auf dem Programm und eine Kommilitonin brachte mir einen Blumenstrauß mit in die Prüfung, weil sie es so irre fand, zwischen den Klausuren auch noch Leistungssport zu treiben. Später hatte ich als Frankfurter Sportdezernentin im Zuge der Diskussionen um Deutschlands Bewerbung für die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 und die notwendigen neuen Stadien Kontakte nach Gelsenkirchen und habe die Entwicklung der Arena auf Schalke intensiv beobachtet.“

Zur Person: Sylvia Schenk ist 51 Jahre alt. In ihrer aktiven Laufbahn war sie als Leichtathletin erfolgreich. 1972 wurde sie bei den Olympischen Spielen in München Neunte über die 800 Meter. Parallel zum Leistungssport engagierte sie sich bereits früh auch als Funktionärin für ihren Sport. Die Arbeitsrichterin war Stadträtin für Recht, Sport und Frauen in Frankfurt. Seit 2001 ist Schenk Präsidentin des Bundes Deutscher Radfahrer. Außerdem sitzt die Juristin im Präsidium des internationalen Radsportverbandes (UCI).


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