Cottbus (rad-net) - Am Rande der Deutschen Meisterschaften im Bahnradsport erklärte Sprinterin Katrin Meinke ihren Rücktritt vom Leistungssport.
1997 feierte sie mit ihrer Goldmedaille im Sprint bei der Junioren Weltmeisterschaft in Kapstadt ihren ersten großen internationalen Erfolg, nachdem sie bereits im Jahr zuvor Silber gewann. Medaillen und vordere Platzierungen bei Weltmeisterschaften sowie Siege bei Weltcuprennen folgten. Zu den Olympischen Spielen 2004 in Athen erreichte sie ihren größten sportlichen Ruhm. Katrin Meinke belegte Platz sechs im Sprint und den achten Rang im Punktefahren.
Morgen wird sie beim Grand Prix in Cottbus ihr letztes Rennen bestreiten. Im
folgenden Interview spricht die 27-Jährige über die Gründe ihres
Rücktritts.
Katrin, für viele kam Dein Abschied
überraschend. War er so spontan?
Nein, der Entschluss war keine spontane Aktion, er ist über mehrere Wochen
gereift. Die letzte Entscheidung fiel am vergangenen Donnerstag bei den
Deutschen Meisterschaften nach der Sprintquali über die 200 Meter. Ich hatte
die vom Bundestrainer vorgegebenen 11,7 Sekunden nicht erreicht und war mit mir
selbst unzufrieden.
Was glaubst Du, warum es mit Dir im
Sprint nicht mehr gehen sollte?
Ich habe bei den letzten Wettkämpfen gemerkt, dass ich es nicht mehr
schaffe, ein hohes Niveau zu fahren. Man kann es jetzt auswerten und gern für
andere Sportler entsprechende Rückschlüsse ziehen. Ich selbst brauche heute
keine Analyse, habe gemerkt, dass es nicht mehr gehen will und Schluss gemacht.
Deine Pause nach den Olympischen
Spielen wird heute kontrovers diskutiert. Es gibt Stimmen, die behaupten, Du hättest
keine machen sollen. Andere meinen, sie war nicht konsequent genug. Wie
beurteilst Du es heute selbst?
Ich weiß, dass es differente Meinungen zwischen Bundestrainer und
meinem Heimtrainer gibt. Ich denke, ich hätte die Pause konsequenter nehmen
sollen, sehe aber auch, wie schwer es war, nach einer Pause wieder zurück zu
kommen. Ich war nach Athen einfach alle und habe meinen Entschluss zur Pause
nicht bereut. An der ganzen Diskussion finde ich nur schade, dass der Standpunkt
des Sportlers nicht akzeptiert wird. Wir sind erwachsene Menschen und kennen
unseren Körper über die Jahre sehr gut. Wir sollten als Sportler mündiger
behandelt werden.
Hätte es in den vergangenen Monaten
Umstände geben können, unter denen Du darüber nachgedacht hättest, doch
weiter Sport zu treiben?
Letztendlich nicht. Es ist doch so: Hast Du Erfolg, stehen alle an
deiner Seite. Ich hätte mir bei der Bearbeitung meiner Probleme schon etwas
mehr Aufmerksamkeit und Unterstützung gewünscht. Was soll alles um meine
Person herum passiert ist, hat mich sehr nachdenklich gestimmt. Es ist auf alle
Fälle nicht mehr so locker und freundlich wie früher. Ich bin froh, dass ich
es hinter mir habe. Ich denke nicht, dass man mich hätte umstimmen können,
doch all die Umstände habe meine Entscheidung, weiter zu machen, nicht gerade
positiv beeinflusst.
Mit der Gründung des Team
Brandenburg soll geholfen werden, den Bahnradsport in Brandenburg wie auch in
Deutschland weiter zu entwickeln. Wie beurteilst Du die Perspektive für das
Team?
Mit der Teamgründung ist das passiert, was ich mir schon seit Jahren
gewünscht habe. Ich habe mich gefreut, dass das Team mir sein Vertrauen
ausgesprochen hat und mich damit sehr unterstützt hat. Ich denke, dass für die
Zukunft die richtigen Weichen gestellt sind und perspektivisch eine gute Arbeit
erfolgen wird. Das wird schon bald auch den Brandenburger Jugendlichen und
Junioren zugute kommen, die gerade bei der DM sehr gut abgeschnitten haben. Es
ist schön, dass mit dem Team die Möglichkeiten vorhanden sind, die Jugend noch
besser in ihrer leistungssportlichen Entwicklung einzubinden. Für mich hätte
ich mir eine solche Konstellation früher gewünscht, aber egal, für die jungen
Fahrer stellt das Team eine tolle Chance dar. Auf jeden Fall biete ich mich für
das neue Team gern an, repräsentative Aufgaben zu übernehmen, um bei der
Entwicklung mithelfen zu können.
Zurückblickend auf Deine
Sportkarriere, was waren Deine schönsten Erlebnisse?
Auf alle Fälle stehen die Olympischen Spiele in Athen ganz oben an.
Die Spiele bleiben unvergessen. Aber auch die Eindrücke von Weltmeisterschaften
und Weltcups bleiben mir in ewiger Erinnerung. Wenn Du auf dem Treppchen stehst,
entschädigt das für das lange harte Training. Es ist ein sehr schöner
Ausgleich für die viele Quälerei. Unterm Strich, ob Olympia, WM oder nationale
Meisterschaft, das Drumherum am Sport ist einfach unvergleichlich.
Welche Ratschläge kannst Du jungen
Sportlern geben, die sich dem Leistungssport, speziell dem Bahnradsport,
verschrieben haben?
Ratschläge kann man viele geben. Was man einmal begonnen hat, sollte
man auch weiter konsequent verfolgen. Jeder sollte darauf achten, dass Sport in
erster Linie Spaß machen muss. Dazu gehört neben den Hochs auch mal ein Tief.
Genießt das Oben und zieht euch aus dem Tief wieder heraus, es lohnt sich.
Junge Sportler sollten in Training und Wettkampf die Orientierung an den Großen
nicht verlieren.
Wenn Du drei Wünsche frei hättest,
die sich auf den Bahnradsport in Deutschland beziehen, welche wären das?
Ach Gott. Einmal sollte unser Sport publikumswirksamer werden, mehr Öffentlichkeit
erfahren. Unser Sport sollte mehr gewürdigt werden. Mein zweiter Wunsch wäre,
dass der Frauensport noch stärker gefördert wird. So habe ich immer davon geträumt,
einmal bei einem Sechstagerennen mitfahren zu können. Tja und Drittens…..fällt
mir spontan nichts ein.
Katrin, danke für das Interview. Wie
geht es beruflich weiter bei Dir?
Ich habe erst einmal Urlaub und ab Oktober werde ich wie Millionen
anderer Deutsche jeden Tag zur Arbeit gehen. Ich bin froh, dass ich im
Leistungssportprojekt der Bundespolizei war und nun nahtlos einen sicheren
Arbeitsplatz habe.
(Das Interview führte Rainer Jeschonek)