Berlin/St. Moritz (dpa) - Danilo Hondo befindet sich seit 14 Tagen im Höhentraining in St. Moritz. Ob sich die Anstrengungen lohnen, entscheidet sich am 22. November in Lausanne. Dann entscheidet der Sportgerichtshof CAS über das sportliche Schicksal des 31-jährigen Radprofis.
Seit April muss Hondo zwangsweise wettkampf-abstinent leben. Zudem verlor er seinen gut dotierten Job im Team Gerolsteiner. Ein Jahr Sperre bis 1. April 2006, ein weiteres Jahr auf Bewährung plus 64 000 Euro Geldstrafe lautete das Urteil des Schweizer Verbandes, nachdem Hondo bei der Murcia-Rundfahrt in Spanien im März positiv auf das Aufputschmittel Carphedon getestet worden war. «Das traf mich wie ein schweres Familienunglück», sagte der Sprinter aus der Lausitz.
Inzwischen herrscht Optimismus vor. Hondo hofft sogar auf einen Freispruch, ist aber Realist: «Die WADA hat mit den positiven Analysen aus dem Madrider Labor natürlich etwas in der Hand, das widerlegt werden muss.» Dafür sollen in Lausanne vor den Schiedsleuten aus Frankreich, der Schweiz und Deutschland der Spezialist Michael Lehner als Hondo-Anwalt und vor allem Professor Werner Franke als Sachverständiger der Verteidigung sorgen. Der namhafte Molekular-Biologe aus Heidelberg, als scharfer Kritiker der Verhältnisse im Profiradsport bekannt, hatte öffentlich Zweifel an Hondos Schuld angemeldet. Die in dessen Urin nachgewiesenen Spuren des Amphetamins seien so gering gewesen, dass bewusste Einnahme und aufputschende Wirkung auszuschließen seien.
Der für Hondo wegen dessen Wohnsitz in Lugano zuständige Schweizer Verband, der «in Doping-Fragen nicht lange fackelt» (Hondo), wollte im ersten Verfahren am 2. Juni nicht zwei Jahre Sperre aussprechen, obwohl es die Richtlinien vorsehen. «Sie hatten Zweifel, obwohl die Fakten gegen mich sprachen», sagte der an den Pranger gestellte Profi, der sich noch immer nicht erklären kann, «wie das Zeug in meinen Körper kam». Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA), der Weltverband UCI und Hondo riefen den CAS an. Sein Anwalt Lehner, durch die Affäre Dieter Baumann bekannt geworden, rechnet im ungünstigsten Fall mit der Bestätigung des ersten Urteils. «Ich beantrage Freispruch und sehe gute Chancen», sagte Lehner.
Auch Hondo hat «ein gutes Gefühl», bremst aber eigene Euphorie. Besonders, nachdem er in St. Moritz vom Berliner Urteil im Schiedsrichter-Prozess gehört hat. Dort hatte es ein überraschendes Urteil zu Ungunsten des Angeklagten gegeben, obwohl es andere Vorzeichen gab: «Im Hinterkopf habe ich auch, dass es schief gehen könnte.» Trotzdem träumt er schon ein wenig von der Tour de France 2006. «Es gibt genug Beispiele, dass man nach langer Pause zurückkommen kann. Jan Ullrich fuhr 2003 nach seiner Doping-Sperre seine stärkste Tour», meinte Hondo, der seit August in ständigem Training und für die kommende Saison «enorm motiviert» ist.
Sein früherer Arbeitgeber, mit dem er vor dem Doping-Fall in aussichtsreichen Vertragsverhandlungen für eine Verlängerung stand, signalisierte Bereitschaft zur Wiedereinstellung. Voraussetzung natürlich: Ein positives Ergebnis der CAS-Verhandlung. Er stehe mit Teamchef Hans-Michael Holczer in Kontakt und habe auch schon Gespräche mit der Konzernführung des Sponsors geführt, erklärte Hondo. Vielleicht ist die Zeit bald vorbei, in der der Familienvater mit Schweizer Wohnsitz vom Ersparten leben muss. «Mich hat immer gestört, dass ich als 'Lebemann' galt, nur weil ich mich für Mode und Lifestyle interessiere. Ich konnte immer mein Geld zusammenhalten.»