Frankfurt/M. (BDR) - Bei den am kommenden Samstag (31. Januar) beginnenden
Rad-Querfeldein-Weltmeisterschaften im französischen Pont Château startet das
BDR-Team mit einer heißen Kandidatin für die Gold-Medaille bei den Frauen. „Hanka
Kupfernagel kann sich nur selbst schlagen“, sagt Bundestrainer Peter Weibel.
Er ist immer noch beeindruckt vom letzten Weltcup-Rennen Kupfernagels in Nommay:
„Obwohl die derzeit zweitstärkste Fahrerin, Maryline Salvetat, ständig an
ihrem Hinterrad klebte, hat Hanka die Französin zwei Runden vor Schluss
abgehängt.“
Hanka Kupfernagel selbst hofft für das Rennen, das am kommenden Sonntag (1.
Februar) um 11:00 Uhr gestartet wird, vor allem auf Regen und Temperaturen über
dem Gefrierpunkt: „Mir würde weicher Untergrund liegen. Deswegen wäre es
nicht so toll, wenn der Boden hart gefroren wäre“, meint die Werderanerin.
Weibel erwartet auch von der zweiten BDR-Starterin im Frauenrennen eine vordere
Platzierung: „Wenn Birgit Hollmann ihre zuletzt gezeigte Form konservieren
kann, ist ihr ein Platz unter den ersten Fünf zuzutrauen.“
Malte Urban und Jens Schwedler dagegen stehen im Rennen der Männer vor
schwierigen Aufgaben. Auf der klassischen und schweren Cross-Strecke in dem
8000-Einwohner-Städtchen Pont Château im westfranzösischen Distrikt Pays de
la Loire starten die Belgier um Sven Nys, Erwin Vervecken und
WM-Titelverteidiger Bart Wellens als haushohe Favoriten. Die deutschen Starter
sind von deren Leistungsvermögen derzeit ein gutes Stück entfernt.
Näher dran an der Weltspitze sind die U23-Fahrer des BDR. „Ein Platz unter
den ersten 15 ist realistisch“, meint Weibel. In Frage kommt dafür vor allem
der Deutsche Meister Thorsten Struch. „Aber wenn es trocken bleibt und die
Strecke schnell ist, können auch André Greipel und Johannes Sickmüller so
weit nach vorne fahren“, glaubt der Bundestrainer. Eine noch höhere
Zielsetzung formuliert der 53 Jahre alte Plankstädter für die BDR-Junioren:
„Einer unter den ersten zehn.“ Und dafür hat er gleich drei Kandidaten im
Team: Paul Voß, Philipp Walsleben und Christoph Pfingsten. „Dadurch, dass sie
alle auf einem hohen Niveau fahren, können wir im Junioren-Rennen sogar
taktisch arbeiten, um einen Platz unter den ersten zehn zu realisieren.“
Zeitplan:
Samstag, 31. Januar
11:00 Uhr: Junioren
15:00 Uhr: Männer U23
Sonntag, 1. Februar
11:00 Uhr: Frauen
15:00 Uhr: Männer Elite
Interview mit Hanka Kupfernagel - „Ich liebe Crossfahren“
Frau Kupfernagel, Bundestrainer Peter Weibel hat sie
nach ihrem Weltcup-Sieg in Nommay zur WM-Favoritin erklärt. Setzt Sie das unter
Druck?
Hanka Kupfernagel: „Bei den Ergebnissen, die ich in den vergangenen
Monaten erzielt habe, kommt der Druck von allen Seiten. Beim ersten Weltcup war
ich Zweite, und danach habe ich jedes Rennen gewonnen. Da steigen die
Erwartungen von selbst. Die Cross-Hoffnungen des BDR liegen wohl derzeit vor
allem auf meinen Schultern.“
Wie gehen Sie damit um?
„Ein wenig abgemildert wird der Druck dadurch, dass ich ja ein weiteres
Projekt plane …“
… sie meinen die Olympiateilnahme auf der Bahn.
„Ja, das ist schon ein kleines Wagnis: Am Donnerstag fahre ich bei den
BDR-Sichtungsrennen auf der Bahn in Frankfurt/Oder. Danach reise ich zurück
nach Berlin, steige freitags in den Flieger nach Frankreich. Samstag schaue ich
mir die Strecke in Pont Château an und am Sonntag kämpfe ich um die
WM-Medaillen im Cross.“
Ist dieser Zeitplan ein Risiko?
„Sicher wäre mir ein Termin nach der WM lieber, aber das kann man sich eben
nicht aussuchen. Das größte Risiko ist aber manchmal gerade das Risiko, das
man nicht eingeht. Trotzdem gibt es ein paar Leute, die mir angesichts meiner
Pläne einen Vogel zeigen. Es sind eben zwei ganz verschiedene Sportarten. Aber
das Rennen in Magstadt hat gezeigt, dass es funktionieren kann. Ich hatte sehr
gute Beine, obwohl ich am Abend vorher einen 3000-Meter-Test auf der Bahn
absolviert habe.“
Was hat Sie in dieser Saison so stark gemacht?
„Ich konnte seit Juli kontinuierlich trainieren und bin seitdem gesund,
nachdem ich in der ersten Jahreshälfte sehr viel krank war. Außerdem bin ich
psychisch stärker geworden, weil ich genau dieses Tief überwunden habe.“
Wer ist für Sie die schärfste Konkurrentin im
Kampf um Gold?
„Maryline Salvetat aus Frankreich. Sie wird vor eigenem Publikum super
motiviert sein. Außerdem muss ich auf Alison Dunlap achten und natürlich auch
auf Daphny van den Brand aus den Niederlanden, zumal die Holländerinnen mit
einem starken Team bei der WM antreten.“
Kennen Sie die Strecke von Pont Château bereits?
„Nein, aber wenn die Holländerinnen zusammenarbeiten, erhöht sich die
Spannung, und das WM-Rennen wird schwieriger, als es von den Weltcup-Ergebnissen
her scheint.“
Was für ein Wetter wünschen Sie sich für die WM?
„Mir würde weicher Untergrund liegen. Deswegen wäre es nicht so toll, wenn
der Boden hart gefroren wäre. Dann lieber ein bisschen Regen und Temperaturen
über dem Gefrierpunkt, so dass die Strecke schwer und technisch anspruchsvoll
wird.“
Sie sind in diesem Winter von Sieg zu Sieg geeilt,
während die deutschen Männer hinterherfuhren. Was machen Ihre Kollegen falsch?
„Es gibt viele gute Ansätze. Jeder versucht sein Bestes. Das sollte ernst
genommen und mehr unterstützt werden.“
Hat der Querfeldein-Sport in Deutschland eine
Perspektive, solange er von den besten deutschen Fahrern gemieden wird?
„Er hat große Perspektiven. Wir haben nächstes Jahr mit der WM in St. Wendel
die Chance, den Cross-Sport nach vorne zu bringen. Vielleicht ist sogar eine
Entwicklung wie beim Biathlon oder Eisschnelllauf denkbar – zwei Sportarten,
die aus kleinen Anfängen ganz groß geworden sind. Wir müssen den Sport bloß
besser vermarkten und ihn für die Medien interessant machen. Zumal Cross so
ziemlich das einzige Gebiet ist, auf dem sich die im Radsport aktiven Sponsoren
im Winter präsentieren können. Querfeldeinrennen sind attraktiv, weil die
Zuschauer ganz dicht am Geschehen sind und weil die Wettkämpfe nicht so lange
dauern. Wenn Radcross nicht attraktiv wäre, würden in Holland, Belgien und
Frankreich kaum Zehntausende an den Strecken stehen.“
Das klingt, als sei Cross ihre Lieblingsdisziplin.
„Das stimmt. Ich habe schon immer die Athletik der Cross-Fahrer bewundert und
für mich selbst angestrebt. Außerdem liebe ich das Cross-Feeling: einen Berg
hoch rennen, die Zuschauer sind nur eine Armlänge weg, dann einen Abhang runter
fahren – klasse. Und die selbe Strecke kann bei unterschiedlichem Wetter ganz
andere Anforderungen stellen. Es ist die abwechslungsreichste Disziplin.“
Und was kommt in ihrer persönlichen Hitliste
danach?
„Danach kommt natürlich Straße. Die Bahn habe ich jetzt für mich wieder
entdeckt, nachdem ich sie jahrelang gemieden habe, weil ich das eintönige
Rundendrehen satt hatte. Aber komischerweise hat es für mich auf einmal etwas
Beruhigendes, gleichmäßig im Kreis zu fahren. Um die Liste komplett zu machen,
müsste ich mal wieder Mountainbike fahren.“
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