Hamburg (dpa) - Im Schatten der Doping-Skandale wird bei den Hamburg Cyclassics bis zuletzt um die Namen auf der Starterliste gefeilscht.
Während Publikumsliebling Erik Zabel trotz seines Geständnisses antreten soll, hat das Team Milram auf den Start seines Kollegen Alessandro Petacchi verzichtet. Der Veranstalter, die Hamburger Agentur Upsolut, möchte außerdem verhindern, dass Danilo di Luca (Liquigas) und Allan Davis (Discovery Channel) auf die Strecke gehen. «Ich finde es sehr grenzwertig, wenn die hier starten», sagte Upsolut-Geschäftsführer Frank Bertling der Deutschen Presse-Agentur dpa. «Das ist genau das, was wir nicht wollen.»
Der Italiener di Luca hat sich mit alten und aktuellen Doping-Anschuldigungen aus dem letzten Giro d'Italia auseinander zu setzen, der Australier Davis steht im Verdacht, in den Fuentes-Skandal verwickelt zu sein. Unerwünscht seien in Hamburg grundsätzlich alle, gegen die es konkrete Verdachtsmomente gibt, oder die sogar in einem schwebenden Verfahren stecken. «Die Fahrer müssen sehen, dass es um ihre Glaubwürdigkeit geht», sagte Bertling.
Um die Glaubwürdigkeit des Pro-Tour-Rennens zu gewährleisten, sind in diesem Jahr die Doping-Kontrollen verschärft worden. Neben den 50 Blut-Screenings, die auch schon in den Vorjahren durchgeführt wurden, gibt es zwölf Tests an den Tagen vor dem Rennen. Statt vier werden diesmal sechs Zielkontrollen - bei den drei Erstplatzierten und bei drei weiteren Fahrern - angesetzt. Neben der herkömmlichen Analyse wird zusätzlich auf Epo und auf Testosteron getestet. «Da wird alles angewandt, was es an modernen Testverfahren gibt», betonte Bertling.
Favorisiert sind auf der 229,1 Kilometer langen Strecke wie immer die Sprint-Spezialisten. Zabel gehört ebenso dazu wie Vorjahressieger Oscar Freire (Spanien/Rabobank), Weltmeister Paolo Bettini (Italien) oder Tom Boonen (Belgien/beide Quickstep). Bei Jens Voigt (CSC) ist noch offen, ob er nach der Deutschland-Tour auch in Hamburg fahren wird. Als heißer Tipp gilt nach seiner Leistungsexplosion während der Deutschland-Tour auch Gerald Ciolek vom Team T-Mobile.
Im Fall von Zabels Teilnahme räumte Bertling Zweifel ein. «Es bleibt ein kleiner Beigeschmack», sagte er. «Ob sein Geständnis hundertprozentig glaubwürdig war - man weiß es nicht. Und eigentlich wäre es nötig, ein hundert Prozent reines Gefühl zu haben.» Der Fall zeigt, in welchem Dilemma die Veranstalter stecken. Zum einen wollen sie keine Vorverurteilung und sind zudem auf die Präsenz der Stars angewiesen - Zabel gewann das Rennen 2001 und war im vergangenen Jahr Zweiter. Zum anderen aber gefährdet jeder befleckte Name den Ruf. Eine rechtliche Handhabe gibt es bislang nicht. «Die Öffentlichkeit muss das selbst beurteilen, auch Zabel muss das selbst beurteilen.»
Schon vor einem Jahr standen die Cyclassics im Schatten des Dopings. Damals war wenige Tage vor dem Rennen bekannt geworden, dass die A-Probe des Tour-de-France-Siegers Floyd Landis positiv war. Zuvor war unter anderem Jan Ullrich von der Tour ausgeschlossen worden. Im Umfeld der Cyclassics lud BDR-Präsident Rudolf Scharping zu einem Krisengipfel, bei dem sich die deutschen Profiteams, der Veranstalter und Sponsoren auf einen Maßnahmenkatalog gegen Doping verständigten. Es sollte schon damals ein Aufbruch in eine bessere Zukunft sein.