Rio de Janeiro (rad-net) - Greg van Avermaet ist Olympiasieger im Straßenrennen. Der Belgier gewann an der Copacabana von Rio de Janeiro nach 240 Kilometern vor Jakob Fuglsang (Dänemark) und Rafal Majka (Polen). Die deutsche Olympia-Hoffnung Emanuel Buchmann wurde 14., während Simon Geschke als Ausreißer auch ein starkes Rennen zeigte.
Bereits nach 25 Kilometern hatte sich die erste sechsköpfige Spitzengruppe des Tages abgesetzt. Sie wurde von Simon Geschke initiiert und er bekam Begleitung von Ex-Weltmeister Michal Kwiatkowski (Polen), Jarlinson Pantano (Kolumbien), Michael Albasini (Schweiz), Pavel Kochetkov (Russland) und Sven Erik Bystrom (Norwegen). Untypisch für ein olympischen Straßenrennen, waren hier auch schon einige sehr starke Rennfahrer verteten. Zwischenzeitlich hatte das Sextett bis zu acht Minuten Vorsprung, dieser pendelte sich im weiteren Verlauf dann aber erst einmal auf rund vier Minuten ein.
Tony Martin war der «Pacemaker» auf den ersten Rennkilometern. Nachdem Simon Geschke mit einer frühen Spitzengruppe davonfuhr, kontrollierte er das Feld. Der 31-Jährige, der am kommenden Mittwoch im Zeitfahren zum erweiterten Favoritenkreis zählt, gab das Rennen wie angekündigt 80 Kilometer vor dem Ziel auf, um sein Knie für den Kampf gegen die Uhr zu schonen. Er meinte im Ziel: «Es war ein schönes Rennen, aber es kommt lange nicht an die spezielle Atmosphäre von London heran. Ich konnte Simon Geschke helfen in die Spitzengruppe zu kommen und Emanuel Buchmann im Feld aus dem Wind nehmen. Für mich persönlich war es guter Test wie das Knie hält, und ich bin zuversichtlich für den Start am Mittwoch im Zeitfahren.»
Ziemlich genau zur Rennhälfte, auf dem letzten Kopfsteinpflaster-Stück rund 120 Kilometer vor dem Ziel, verschärften zunächst die Tschechen das Tempo und die Briten setzten nach, wodurch sich das Feld schon dezimierte und der Vorsprung der Ausreißer auf rund zwei Minuten verringerte. Doch das Feld führte nicht weiter konsequent nach und so blieb es zunächst bei der Distanz zur Spitzengruppe.
Als es dann rund 80 Kilometer vor dem Ziel das erste Mal hinauf nach Vista Chinesa ging, musste in der Spitzengruppe ein Rennfahrer nach dem anderen reißen lassen. Zunächst war es Bystrom, kurze Zeit später gingen auch zuerst Albasini und dann Pantano die Kräfte aus. Auch Simon Geschke fiel schließlich noch vor dem Gipfel zurück bis ins Feld, so dass nur noch Kochetkov und Kwiatkowski übrig blieben. Michal Kwiatkowski hatte zwar zwischenzeitlich auch ein Loch zu Kochetkov, konnte sich aber wieder zurückkämpfen.
«Das war ein ganz schöner Ritt. Ich konnte lange an der Spitze mitfahren, so war auch unsere Taktik, das ich in einer frühen Spitzengruppe mitgehe und Emanuel sich im Feld aufhalten soll», so Geschke.
Das Peloton, angeführt durch Großbritannien, Belgien und Italien, kontrollierte derweil das Tempo und Damiano Caruso (Italien), Greg van Avermaet und Geraint Thomas (Großbritannien) attackierten aus dem Feld. Rein Taaramäe (Estland) und Sergio Henao (Kolumbien) konnten kurze Zeit später zu dem Trio aufschließen.
Beim zweiten Mal hinauf zum Vista Chinesa, 46 Kilometer vor dem Ziel, schüttelte Kwiatkowski den Russen ab, der kurze Zeit später zunächst von den Verfolgern, die immer noch zu fünft unterwegs waren - aber anstatt Taaramäe war nun der Kasache Andrey Zeits mit vorne - und schließlich auch vom Feld wieder eingeholt wurde. Auch Kwiatkowski wurde noch im Anstieg von den Verfolgern gestellt, hielt kurzzeitig noch mit, verlor aber dann auch den Anschluss.
Auf der rasenden Abfahrt schlossen einige Rennfahrer aus dem Feld zu den fünf Rennfahrern an der Spitze auf, darunter die beiden Italiener Vincenzo Nibali und Fabio Aru, Adam Yates (Großbritannien), Jakob Fuglsang sowie Rafal Majka, der seinen polnischen Landsmann Kwiatkowski wieder mit nach vorne brachte. Doch von Krämpfen geplagt, hielt sich der 26-Jährige, der über gut 180 Kilometer an der Spitze des Rennens war, nicht mehr lange vorne. Die Italiener, die nun zu dritt vorne waren, sorgten fortan für ein hohes Tempo, so dass es der Rest des Feldes um die Favoriten wie Alejandro Valverde, Joaquim Rodriguez (beide Spanien) und Chris Froome (Großbritannien) sowie Emanuel Buchmann trotz starker Nachführarbeit schwer hatte, wieder den Anschluss zu finden und es letztendlich auch gar nicht mehr schaffte.
Stattdessen setzten aus dem Peloton einige Fahrer nach. Zunächst war es 23 Kilometer vor dem Ziel Joaquim Rodriguez (Spanien), der es zusammen mit Louis Meintjes (Südafrika) versuchte, und vier Kilometer später den Anschluss zur Spitze schaffte. Dann versuchte auch Chris Froome sein Glück. Ihm folgte Julian Alaphilippe (Frankreich), doch während Alaphilippe auch nach vorne kam, hatte Froome seine Probleme und musste trotz tapferem Kampf die Segel streichen.
Im Anstieg attackierten immer wieder die Italiener, die vorne zahlenmäßig am größten vertreten waren. Vincenzo Nibali verkleinerte so die Spitzengruppe und ging zusammen mit Sergio Henao und Rafal Majka auf die letzte Abfahrt in Richtung Copa Cabana.
Dort kam es dann zehn Kilometer vor dem Ziel zur tragischen Rennentscheidung. Henao und Nibali kamen zu Fall und Majka war der einzige, der durchkam. Er kämpfte als Solist gegen die Verfolgergruppe, aus der sich vier Kilometer vor dem Ziel Greg van Avermaet und Jakob Fuglsang abgesetzt hatten. Majka hatte zu diesem Zeitpunkt noch rund 15 Sekunden Vorsprung. Das Duo holte den Polen, der eher als Bergfahrer bekannt und kein so guter Rouleur ist, 1,5 Kilometer vor dem Ziel ein und die Entscheidung fiel im Sprint der dreiköpfigen Gruppe. 200 Meter vor dem Ziel trat Van Avermaet unwiderstehlich an, während Majka sich geschlagen gab und hinter Fuglsang Bronze holte.
Emanuel Buchmann lag bis ins Finale aussichtsreich im Rennen, wagte sogar 47 Kilometer vor dem Ziel eine kleine Attacke. Letztendlich sprang für ein beachtenswerter 14. Platz heraus. Im Ziel meinte Buchmann: «Es lief heute richtig gut. Ich habe mich sehr stark gefühlt und konnte immer mitgehen. Nur am Schluss hat meine Kraft leider nicht mehr gereicht. Mit dem Ergebnis bin ich aber voll zufrieden. Es war ein hartes Rennen, da ist ein 14. Platz ein sehr gutes Ergebnis.»
Für Maximilian Levy war der Start im Straßenrennen nur eine kurze Episode auf dem Weg zu Edelmetall auf der Bahn. Der Olympia-Zweite im Keirin in London 2012 gab als Erster der vier deutschen Fahrer auf. Seine Eindrücke: «Der Start im Straßenrennen ist für mich ein krasses Erlebnis gewesen. Das ist hier schon was anderes als ein Sprinter-Cup auf der Bahn in Cottbus. Ich wollte mich vorne auch mal zeigen, zuhause haben alle Videos gemacht, und so bin ich besser in den ersten Anstieg gekommen. Da hatte ich Maximalpuls von 199. Nach 33 Kilometern bin ich dann raus und gleich weiter zum Bahntraining ins Velodrom. Das war dann echt hart.»
Der Sportliche Leiter Jan Schaffrath zeigte sich nach dem Rennen sehr zufrieden: «Mit zwei Fahrern eine gewisse Taktik zu spielen war nicht einfach, aber die Jungs haben es super umgesetzt. Simon ging wie verabredet früh in eine Spitzengruppe und konnte lange vorn fahren. Emanuel konnte sich dadurch im Feld etwas zurück halten und am Schluss sein Können ausspielen. Sein 14. Platz ist das I-Tüpfelchen aus deutscher Sicht für dieses Rennen. Chapeau für diese Leistung.»
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