Neapel (dpa) - Sogar das Rosa Trikot spukt dem selbstbewussten Debütanten im Kopf herum - zumindest für einen Tag. «Die erste Etappe kommt mir entgegen - sie hat Klassiker-Charakter», sagte John Degenkolb vor seinem Start ins Abenteuer Giro d'Italia.
Allerdings könnte der WM-Vierte, der im Vorjahr bei der Vuelta in Spanien fünf Tageserfolge verbuchte, die Rechnung zunächst ohne Mark Cavendish gemacht haben.
Der Auftakt des 96. Giro am Samstag in Neapel scheint dem Briten aus dem Omega-Quickstep-Team auf den Leib geschneidert zu sein: Ein Rundstreckenrennen über lediglich 130 Kilometer, das mit vier leichteren Steigungen beginnt und dann in einen flachen Parcours an der Küste entlang mündet. Cavendish weiß, wie es sich anfühlt. Er trug 2009 und 2001 schon zweimal das Maglia Rosa und findet: «Der Farbton passt zu mir.»
Die erste Giro-Woche böte Degenkolb ab Montag nach Eigenanalyse «noch drei, vier Möglichkeiten». Mit dem ersten Tagessieg 2013 will der 24-jährige Thüringer, der in dieser Saison noch immer auf seinen ersten Erfolg wartet und in den Klassikern gesundheitlich angeschlagen hinter seinen Möglichkeiten blieb, Ballast abwerfen. «Mit einem Etappensieg wäre ich superzufrieden», sagte Degenkolb der Nachrichtenagentur dpa.
Das Punktetrikot ist im Moment kein Thema für den Argos-Shimano-Fahrer, der zu seinen Teamkollegen Ji Chen als ersten Chinesen beim Giro zählt. «Ich will den Giro auf jeden Fall finishen, aber über das Trikot mache ich mir noch keine Gedanken.» Vielleicht nach dem ersten Etappensieg.
Ende Juni wartet auf Degenkolb mit der 100. Tour de France die nächste große Premiere. «Es wäre das größte mit Marcel Kittel zusammen, André Greipel oder Mark Cavendish zu schlagen», meinte Degenkolb, der die Doppelbelastung nicht fürchtet: «Der Abstand von über vier Wochen ist groß genug - ich will ja beim Giro im Gesamtklassement keine Bäume ausreißen.»
Degenkolb hat die größten Chancen der deutschen Giro-Starter, auf dem Weg von Neapel bis Brescia Einzelerfolge zu verbuchen. Sein Teamkollege Patrick Gretsch (Erfurt) hofft in erster Linie auf gute Ergebnisse im Kampf gegen die Uhr. Routinier Danilo Hondo (39) ist bei RadioShack-Leopard so ziemlich auf sich alleine gestellt.
Der Wert von Christian Knees bemisst sich in der Loyalität zum großen Giro-Favoriten Bradley Wiggins aus Großbritannien. Der lange Bonner ist als «großer Motor» besonders für die Flachpassagen im Sky-Team hoch geschätzt. «Eigene Ambitionen habe ich nicht - ich gebe alles für's Team», sagte der ehemalige deutsche Meister, der im Anschluss zugunsten der Vuelta vielleicht auf die Tour verzichtet.