Namur (dpa) - Beim Team Gerolsteiner knallten die Champagner-Korken: Radprofi Stefan Schumacher aus Nürtingen hat die 3. Etappe des 89. Giro d'Italia gewonnen und sensationell vom Italiener Paolo Savoldelli das Rosa Trikot des Spitzenreiters übernommen.
Der 24-Jährige, der schon auf der 1. Etappe mit Rang vier überzeugt hatte, streifte sich nach 202 Kilometern in Namur als sechster deutscher Profi beim Giro das begehrte Kleidungsstück über. Zuletzt trug es der Kolkwitzer Olaf Pollack vor zwei Jahren für einen Tag.
«Das war das Rennen meines Lebens, ein absoluter Traum. Ich hatte mir das Rennen perfekt eingeteilt und wir hatten heute ein Super-Team», sagte Schumacher nach seinem Bravourstück an der Zitadelle von Namur. Seinem Teamchef Christian Henn ist im packenden Finale heiß und kalt geworden, als er sah, wie sein Schützling verbissen um den Sieg kämpfte: «Ich hatte leichte Bedenken, dass seine Kraft vielleicht nicht bis zum Schluss reichen würde. Aber er war phänomenal.»
Der «andere Schumacher», wie die «Gazzetta dello Sport» den Radprofi in Anspielung auf Formel-1-Weltmeister Michael Schumacher nannte, attackierte auf dem 2,3 km langen Schlussanstieg hoch zur Zitadelle von Namur 800 Meter vor dem Ziel. Er sicherte sich auf regennasser Straße einen Sekunden-Vorsprung und freute sich nach seinem größten Karriere-Erfolg wie ein kleines Kind. Durch eine ominöse «Doping-Affäre» hätte seine Karriere im Vorjahr fast einen irreparablen Schaden erhalten: Seine Mutter, Ärztin von Beruf, hatte Schumacher ein verbotenes Asthmamittel verschrieben. Nach Klärung der Umstände verzichtete der deutsche Verband aber auf eine Sperre.
Jan Ullrich, der wie alle Profis unter den widrigen Witterungsbedingungen mit kühlen Temperaturen und Dauerregen litt, erreichte das Ziel mit Rückstand zu den Spitzenfahrern. Der Plan des Vorjahressiegers Savoldelli, das Rosa Trikot nach dem Belgien- Abstecher in seine Heimat zurückbringen, ging nicht auf. Nach dem ersten Ruhetag am 10. Mai beginnt der Giro in Italien mit dem Mannschaftszeitfahren über 38 Kilometer in Piacenza.
Der am Vortag im Finale enttäuschende italienische Supersprinter Alessandro Petacchi stürzte auf regennasser Straße bei der Abfahrt von der Cote d'Ahin. Er rutschte in einer Kurve aus und verletzte sich am linken Knie. Nach kurzer Zeit konnte der Team-Kollege von Erik Zabel die Fahrt zunächst fortsetzen. Fünf Helfer aus seinem Milram-Team hatten auf ihren Kapitän gewartet und fuhren ihn wieder ans Hauptfeld heran. Kurz danach stoppte Petacchi, ließ sich vom Giro-Arzt behandeln, stieg aber wieder auf sein Rad. Mit stark gedrosseltem Tempo und Schmerz verzerrtem Gesicht erreichte er das Ziel mit drei Helfern mit großem Rückstand.
Hoffnungen auf seinen am Vortag verpassten ersten Sieg hatte Petacchi wegen der stark ansteigenden Zielgeraden ohnehin kaum. Auf der letzten Giro-Etappe in Belgien hat der Italiener dann zwischen Wanze und Hotton wieder größere Chancen, wenn sich seine Verletzung als nicht so gravierend herausstellt.