Namur (dpa) - Der Name Schumacher steht nicht mehr nur für deutsche Wertarbeit in der Formel 1. Radprofi Stefan Schumacher führt nach seinem eindrucksvollen Etappensieg von Namur den 89. Giro d'Italia im Rosa Trikot an und verzückt auch die Italiener.
«Rad- Schumi triumphiert auch ohne Boxenstopp», schrieb die «Gazzetta dello Sport». Das Verlagshaus organisiert das zweitwichtigste Etappenrennen der Welt, in dem vielleicht die Zukunft des deutschen Radsports begann. Der hoch gelobte 24-Jährige blieb aber auch im Siegestaumel auf dem Teppich und Realist: «Jan Ullrich ist der beste deutsche Radprofi».
Nachdem er dem einheimischen Liebling Paolo Savoldelli das begehrte Kleidungsstück abgenommen hatte, rüstete Schumacher bei seiner Giro-Premiere zur Feier. Trotz besonderer Sponsoren-Verpflichtung griff der Mann in Rosa («Ich werde hier oft gefragt, ob ich mit Michael Schumacher verwandt bin») am Abend ausnahmsweise nicht zu Mineralwasser. Die beiden riesigen Prosecco-Flaschen, die er zur Siegerehrung erhielt, wollte der Profi vom Team Gerolsteiner «nicht verkommen» lassen.
Schumacher hatte den Coup ganz abgeklärt vorbereitet: Platz vier im Prolog von Seraing und die Zeitgutschriften von Namur brachten ihm das Rosa Trikot. «Das war das Rennen meines Lebens, ein Traum. Als ich 500 Meter vor dem Ziel alleine vorne war, wusste ich, dass es klappt und Rubiera nicht mehr heran kommt. Davide Rebellin hat den Tag für uns mit seinem dritten Platz abgerundet. Jetzt werden wir alles unternehmen, das Trikot wenigstens bis in den ersten Ruhetag zu retten», sagte Schumacher nach seinem Parforceritt die letzten 2300 Meter hoch zur Zitadelle von Namur. Nach dem Zieleinlauf lag sich das gesamte Team, das den 12. Saisonsieg feierte, in den Armen.
Der Giro liegt der Mannschaft aus der Vulkaneifel, die längst aus dem Schatten des nationalen Branchenführers T-Mobile getreten ist: Im Vorjahr kam Debütant Markus Fothen in der Endabrechnung auf einen viel beachteten 12. Rang, 2004 trug Olaf Pollack (jetzt T-Mobile) für einen Tag Rosa und Fabian Wegmann bis ins Ziel in Mailand das Grüne Trikot als bester Bergfahrer. Die Erfolgsstory könnte fortgeschrieben werden. «Die Stimmung bei uns ist sensationell», freute sich »Schumi II.», der sich stark genug für weitere Großtaten fühlt.
Im Vorjahr schien Schumacher vor dem unrühmlichen Aus seiner Karriere zu stehen. Der glatzköpfige Schwabe aus Nürtingen, der 2003 bei T-Mobile wegen fehlender Perspektiven aussortiert wurde, war in einen ominösen «Dopingfall» verwickelt. Seine Mutter, Ärztin, hatte ihrem Sohn ein Asthmamittel verschrieben, das auf der Dopingliste stand. Der Bund Deutscher Radfahrer verzichtete nach nervenaufreibendem Hin und Her aber auf eine Bestrafung. Damit war der Weg nach den unterklassigen Stationen Shimano und Lamonta frei für das ProTour-Team Gerolsteiner. «Ein Traum ist wahr geworden», sagte Schumacher im Vorjahr nach seiner Vertragsunterschrift.
Im April hatte er für ein erstes sportliche Ausrufezeichen 2006 gesorgt: Bei der Sarthe-Rundfahrt nutzte Schumacher die Bühne in Frankreich nach Ullrichs Absage und holte sich mit Sekundenbruchteilen Vorsprung den Gesamtsieg vor dem T-Mobile-Profi Sergej Gontschar. Die Tour de France muss allerdings noch bis 2007 auf Stefan Schumacher warten.