Berlin (dpa) - Jan Ullrichs Zeit der Leiden ist vorbei. Der Radsport-Weltverband UCI hat schnell gehandelt und der Bianchi-Mannschaft mit der Lizenz-Erteilung als GS-I-Team auch den Weg zur 90. Tour de France freigemacht.
«Alles verläuft nach Plan», stellte Ullrich auf seiner Homepage erleichtert fest. «Endlich sind wir soweit. Wir versuchen jetzt alles in die Wege zu leiten, dass Jan wie geplant am 31. Mai in Erfurt zum ersten Mal im Bianchi-Trikot starten kann», sagte Ullrich-Betreuer und Bianchi-Teamchef Rudi Pevenage.
Ullrich wird bis zum Hainleite-Rennen in Thüringen mit seinem Freund und Teamkollegen Tobias Steinhauser in der Schweiz trainieren. «Wir sind jeden Tag bis zu sechs Stunden unterwegs. Ich fühle mich sehr gut und arbeite daran, meine Form weiter zu steigern», meinte der Olympiasieger. Bis zur Frankreich-Tour ab 5. Juli sind noch die Deutschland-Rundfahrt (3. bis 9. Juni), die Tour de Suisse (16. bis 25. Juni) und der Start bei der deutschen Meisterschaft (29. Juni) geplant.
«Nach der Suspendierung vom Team Coast am 9. Mai und den folgenden Entwicklungen, die dazu führten, dass alle Rennfahrer diese Sportgruppe verließen, gibt die UCI die Registrierung des Bianci- Teams bekannt», hieß es überraschend Ende der Woche in einer UCI-Erklärung. Ursprünglich war die Lizenz-Erteilung erst für die neue Woche in Aussicht gestellt worden. «Von heute an hat Team Bianchi das Recht, an allen Rennen des internationalen Rennkalenders teilzunehmen und alle Rechte wahrzunehmen, die mit der Zugehörigkeit zum Top-Club der Sportgruppen verbunden sind», sagte UCI- Pressesprecher Enrico Carpani.
Damit ist Bianchi auch offiziell der Nachfolger des insolventen Essener Rennstalls Coast. Das Direktorium der Tour de France hatte der neuen Ullrich-Mannschaft, in dem 18 seiner alten Team-Kollegen von Coast beschäftigt sind, einen Startplatz frei gehalten. Die Tour- Organisatoren wissen, was sie am 97er Toursieger Ullrich haben. Mit weiterer Dominanz von Seriensieger Lance Armstrong (USA) könnte die Langeweile ausbrechen. Unter diesem Gesichtspunkt steht auch die Aussage von Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc, dass es kein «100- prozentiges Nein zu Cipollini» gibt.
Das Team Domina Vacanze vom italienischen Sprintstar und Weltmeister, der mit 42 Etappensiegen Giro-Rekordhalter ist, war bei der Vergabe der letzten vier Wildcards nicht berücksichtigt worden. Leblanc versucht offenbar bei der UCI zu erreichen, Cipollini und Co. als 23. Team zuzulassen, obwohl das Tour-Reglement nur 22 Mannschaften den Start erlaubt.
Ullrich ist froh, dass Bianchi bereit war, den meisten Fahrern neue Verträge anzubieten. «So verlieren meine Coast-Kollegen wenigstens nicht ihre Arbeitsplätze. Die Ereignisse der letzten Wochen haben uns zusammengeschweißt.» Nicht mehr zum Team gehören Niki Aebersold (Schweiz), der wie sein Landsmann Alex Zülle zu Phonak ging, die beiden Spanier Manuel Beltran (US Postal) und Luis Perez (Banesto) sowie der Däne Bekim Christensen (CSC).
Möglicherweise droht dem Bianchi-Team noch ein Rechtsstreit mit der im Insolvenzverfahren stehenden Betreiberfirma des Coast-Teams. Auswirkungen auf die Entscheidung der UCI dürfte eine Auseinandersetzung vor deutschen Gerichten aber kaum haben.