Straßburg (dpa) - Von den Debütanten der Tour de France hat Markus Fothen nach Damiano Cunego wahrscheinlich das meiste Potenzial. Das liegt sicher nicht nur an dem genetischen Sauerstoff-Vorteil, den er mit dem Italiener teilt.
«Mein Hämatokritwert im Blut ist von Natur aus ziemlich hoch und kann auch mal über dem erlaubten Limit von 50 liegen. Das steht in meinem Gesundheitspass - die Kontrolleure wissen Bescheid», sagte Fothen, der in Straßburg Neuland betritt. Neben Linus Gerdemann von T-Mobile gehört er mit seinem Team-Kollegen Stefan Schumacher zu den größten deutschen Rundfahrhoffnungen für die Zeit nach Jan Ullrich.
Auf die Ziele bei seiner Tour-Premiere angesprochen, gibt sich der 24 Jahre alte Profi aus dem Gerolsteiner-Team handzahm und loyal: «Meine Rolle wird sein, in den Pyrenäen und Alpen unseren beiden Sturmspitzen Leipheimer und Totschnig zu helfen. Wenn ich im Zuge dessen vielleicht unter die ersten 20 komme, wäre ich hoch zufrieden. Ich kann es mir sicher nicht erlauben, mal zu sagen: Heute fahre ich auf eigene Kappe.» Doch kann er, widerspricht sein Team-Manager Hans- Michael Holczer, der große Stücke auf «Föthchen» - so der Spitzname des gelernten Landwirtes aus Kaarst-Vorst - hält.
«Markus hat bei uns eine zweigeteilte Rolle. Er kann auch etwas für sich tun. Ich bin gespannt», sagte Holczer, den Fothen im Vorjahr bei seinem Giro-Debüt in Italien mit Rang zwölf in der Endabrechnung in Mailand überraschte. Der U23-Zeitfahr-Weltmeister von 2003 rechnet sich besonders in den beiden großen Zeitfahren etwas aus. «Das zweite am vorletzten Tag dürfte mir besser liegen, weil ich im Laufe einer Rundfahrt eher stärker werde», meinte Fothen, der sich im Moment zwar «stärker fühlt als vor dem Giro 2005», aber in diesem Jahr noch keine Ergebnisse vorweisen kann.
Im April 2005 hatte er bei der Sarthe-Rundfahrt sogar Ullrich im Zeitfahren geschlagen. Daran sei jetzt bei der Tour natürlich nicht zu denken. «Bis ich mit den großen Kalibern mithalten kann, wird noch einige Zeit vergehen», sagte Fothen, der dem Konkurrenten Ullrich die Daumen drückt: «Ich hoffe für den deutschen Radsport auf seinen Toursieg und wünsche es ihm. Es ist irre, jetzt mit ihm die Tour zu fahren - als er 1997 gewann, habe ich als kleiner Junge vor dem Fernseher gefiebert.» Die Hoffnung ist die eine Sache. «Realistisch gesehen sieht mein Podium in Paris so aus: Erster Basso, zweiter Ullrich, dritter Leipheimer», sagte Fothen.
Zur Tour-Vorbereitung trainierte Fothen wie im Vorjahr wieder auf bis zu 3750 Meter Höhe auf Teneriffa. Die durch das Höhentraining gebildeten zusätzlichen roten Blutkörperchen sollen ihm in Frankreich helfen. Angst vor den Doping-Kontrolleuren hat Fothen nicht: «Da gibt es Formeln, nach denen festgestellt wird, ob die vermehrten Blutkörperchen vom Höhentraining kommen. Außerdem habe ich sicherheitshalber die Rechnung meines Hotels dabei, das auf 2200 Meter Höhe liegt.»