Kopenhagen (dpa) - Die spontane Deutung seiner Startnummer 105 hat Jens Fiedler zu einem Drittel mit Leben erfüllt. «Erster, ausgeschieden, Fünfter», hatte der Sprinter aus Chemnitz gescherzt. Doch sein 5. Rang im Keirin zum Auftakt der Bahnrad-Weltmeisterschaften in Kopenhagen entsprach weder seinem Anspruch noch erfreute es seinen Trainer Jörg-Uwe Krünägel an dessen 48. Geburtstag.
«Ich habe es mir selbst schwer gemacht. Ich war völlig neben der Kappe», sagte der WM-Dritte des Vorjahres, der 1998 und 1999 im Keirin den Titel gewonnen hatte. Dafür sprang der Erfurter Rene Wolff in die Bresche und stahl Fiedler mit Bronze die Show. Als der 24-Jährige im Endlauf schon fast aussichtslos zurücklag, tat sich eingangs der Zielgeraden eine Lücke im rasenden Keirin-Sextett auf, in die der WM-Debütant im Stile eines Routiniers blitzschnell stieß. «Als das Loch offen war, habe ich die Chance genutzt und bin da rein gestoßen», schilderte der Thüringer, der als bislang größte Erfolge einen Weltcup-Sieg sowie den Gewinn des Großen Preises von Deutschland zu verzeichnen hatte. «Rene Wolff ist ein besseres Finale gefahren», anerkannte Fiedler die Leistung des acht Jahre jüngeren Mannschaftskollegen.
Der zweimalige Olympiasieger wirkte geknickt. «Irgendwie ist der ganze Tag an mir vorbei gegangen. Einfach nur unerklärlich», meinte er ratlos. Dabei hatte Fiedler nach Ansicht seines Trainers nur die Ratschläge nicht umgesetzt. Sowohl Krünägel als auch der frühere Sprint- und Keirin-Weltmeister Michael Hübner hatten gewarnt, dass die Gegner mit den Spaniern Jose Villanueva und Jose Escuredo offensiv fahren und die erste Möglichkeit zu Attacke nutzen würden. «Er setzt es nur nicht um, sondern versucht es erst gar nicht», kritisierte Krünägel seinen Schützling.
Wolff hingegen konnte sein Glück kaum fassen. «Eigentlich war das nur zum warm fahren für den Sprint», meinte der künftige Student der Staats- und Literaturwissenschaften. Die «Königs-Disziplin» des Bahnradsports, in der mit Wolff, Fiedler und dem Erfurter Matthias John ein deutsches Trio startet, steht zum Abschluss der Titelkämpfe am Sonntag auf dem Programm. «Die Anforderungen sind so, dass wir in allen Disziplinen um Medaillen kämpfen», hatte Sprint-Bundestrainer Detlef Uibel als Ziel für Keirin, Sprint und Team-Sprint ausgegeben. Mit seiner Bronzemedaille hat Rene Wolff ein Drittel des Anspruchs bereits mit Leben erfüllt.