Beromünster/Berlin (dpa) - Das Duell hat schon begonnen. Drei Wochen vor Beginn der 91. Tour de France nutzte Jan Ullrich die unerwartete Armstrong-Schwäche beim Zeitfahren der Dauphiné Libéré mit einem überraschenden Auftakt-Sieg bei der Tour de Suisse.
«Das kam ziemlich unerwartet für alle. Für die Moral ist das sicher sehr gut», kommentierte Ex-Profi und T-Mobile-Teamsprecher Olaf Ludwig die erfolgreiche Attacke des Team-Kapitäns auf das Goldene Trikot bei dessen letztem Härtetest vor dem Ernstfall in Frankreich.
Mit einer speziellen Reaktion auf die Nachrichten vom Mont Ventoux, wo Armstrong der Konkurrenz - angeblich sogar mit leichtem Übergewicht - hinterher fuhr, soll sein Erfolg in Beromünster laut Ullrich nichts zu tun gehabt haben. «Die Geschichte mit den Kilos kenne ich ja von mir. Da wird auch viel übertrieben, vor allem was die Auswirkung angeht. Aber Lance und Übergewicht - hören Sie auf. Ich denke mal, wenn sein Trainer das sagt, ist das reine Taktik. Ich gebe da nichts drauf. Bei der Tour wird er fit sein, da bin ich mir sicher», sagte der Olympiasieger in einem Interview mit der Stuttgarter Zeitung «Sonntag Aktuell».
«Im Stil eines Bahnfahrers» (Ludwig) hatte Ullrich aus einer fünfköpfigen Spitzengruppe 100 Meter vor dem Ziel der 1. Etappe der Tour de Suisse über 176 km von Sursee nach Beromünster in einer scharfen Linkskurve attackiert. Keiner konnte folgen: Sein erster Saisonsieg war perfekt. Das Lob danach tat nach zum Teil herber Kritik im April mit folgender fünfwöchiger Trainings-Klausur, in der die Zweifler auch nicht verstummten, besonders gut. «Ich hatte mir die Kurve bei den vorangegangenen Durchfahrten genau eingeprägt», sagte Ullrich im Ziel.
Für die beiden schweren Bergetappen und das finale Zeitfahren in Lugano hat sich der T-Mobile-Kapitän weitere Formtests vorgenommen. Die Verteidigung des Leader-Trikots in der Schweiz sei kein großes Thema für ihn, hatte er nach seinem Auftaktsieg behauptet. Nach dem Ausstieg seines Team-Kollegen und Vorjahressiegers Alexander Winokurow, der nach 123 km der 2. Etappe schwer gestürzt war, könnten in seiner Mannschaft neue Überlegungen angestrengt werden. Allerdings hat bei Ullrich natürlich Formaufbau im Hinblick auf die Tour Priorität vor einem etwaigen Gesamtsieg, der womöglich nur mit unkalkulierbaren Kraftanstrengungen in der Schweiz einhergehen würde.
«Grundsätzlich denke ich: Wenn ich mich in der Vorbereitung auf mein Gefühl verlasse, kann ich auch die Tour de France gewinnen», erklärte Ullrich in dem Zeitungs-Interview weiter. Er scheint auf dem richtigen Weg zu seinem möglichen zweiten Toursieg nach 1997 zu sein. Abgesehen davon, wie ernst die tatsächlichen oder scheinbaren Schwierigkeiten Armstrongs in der augenblicklichen Phase seiner Tour-Vorbereitungen auch sein mögen. Vom 3. Juli an wird es ernst und aus dem momentanen Fernduell der vermeintlichen Haupt-Kandidaten für den Toursieg 2004 die reale Auseinandersetzung Mann gegen Mann.
Dürrenroth - Rheinfelden (170 km)
Rang | Name | Zeit |
1. | Robbie McEwen (Australien) | 3:44:57 Std. |
2. | Olaf Pollack (Cottbus) | gleiche Zeit |
3. | Robert Hunter (Südafrika) | gleiche Zeit |
4. | Kim Kirchen (Luxemburg) | gleiche Zeit |
5. | Roger Hammond (Großbritannien) | gleiche Zeit |
6. | Alberto Loddo (Italien) | gleiche Zeit |
... | | |
30. | Jan Ullrich (Scherzingen) | gleiche Zeit |
32. | Grischa Niermann (Hannover) | gleiche Zeit |
37. | Steffen Wesemann (Küttigen) | gleiche Zeit |
40. | Robert Förster (Markkleeberg) | gleiche Zeit |
49. | Patrik Sinkewitz (Fulda) | gleiche Zeit |
Stand nach der 2. Etappe
Rang | Name | Zeit |
1. | Jan Ullrich (Scherzingen) | 7:52:43 Std. |
2. | Oscar Camenzind (Schweiz) | + 0:02 Min. |
3. | Fabian Jeker (Schweiz) | + 0:06 |
4. | Steve Zampieri (Schweiz) | + 0:07 |
5. | David Canada (Spanien) | + 0:08 |
6. | Laszlo Bodrogi (Ungarn) | + 0:22 |
... | | |
15. | Grischa Niermann (Hannover) | + 0:25 |
20. | Steffen Wesemann (Küttigen) | gleiche Zeit |
25. | Patrik Sinkewitz (Fulda) | gleiche Zeit |
37. | Olaf Pollack (Cottbus) | + 5:25 |