Madrid (dpa) - Die Ermittlungen im großen spanischen Dopingskandal um den Mediziner Eufemiano Fuentes sind in eine entscheidende Phase getreten.
Der Untersuchungsrichter Antonio Serrano begann mit der Anhörung von mehr als 50 Radprofis, die die Dienste des Netzwerkes um den mutmaßlichen Dopingarzt in Anspruch genommen haben sollen. Auch Radsportgrößen wie der Deutsche Jan Ullrich oder der Italiener Ivan Basso sollen vernommen werden - allerdings nicht in Spanien, sondern an ihren Wohnorten. Dazu will die spanische Justiz die Länder, in denen die Profis leben, um Rechtshilfe bitten.
Die Spanier Jesús Hernández und Alberto Contador, die zur zweiten Garnitur im Profiradsport gehören, wurden als erste verhört. Sie brachten die Ermittlungen allerdings kaum voran. Beide erklärten, mit Fuentes nichts zu tun gehabt zu haben. Hernández, der früher für das Liberty-Team gefahren war, schob alle Verantwortung auf seinen damaligen Teamchef: «Manolo Saiz hatte sich bei uns um alles gekümmert, auch um die medizinische Versorgung.» Der frühere Liberty-Chef ist ebenso wie Fuentes einer von insgesamt acht Beschuldigten, gegen die die Justiz ermittelt.
Die Radprofis werden nur als Zeugen vernommen. Ihnen wird von den Ermittlern nichts zur Last gelegt. Hernández berichtete, Saiz habe seinen Schützlingen «Wärmepflaster» gegeben, die vor Krämpfen und Zerrungen schützen sollten. Die Polizei nimmt an, dass die Pflaster an den Körper geringe Mengen von Testosteron abgaben, die bei Dopingkontrollen nicht nachgewiesen werden konnten.
Contador sagte demgegenüber aus, er habe von der Teamführung keine Medikamente erhalten. Er habe nur Vitaminpräparate genommen, die er sich selbst in der Apotheke gekauft habe. Verunsichert wurde er allerdings durch die Frage, ob er sich einem Gentest unterziehen würde, um sicherzustellen, dass keiner der bei Fuentes sichergestellten Blutbeutel von ihm stammte. «Lieber nicht», antwortete der 24-Jährige zunächst, korrigierte sich aber sogleich und sagte, dass er nichts dagegen hätte.
Die Ermittlungen der Justiz richten sich allein gegen Fuentes und dessen mutmaßlichen Komplizen, nicht aber gegen die Profis. Die Sportler haben von den Gerichten nichts zu befürchten, weil Doping nach spanischem Gesetz bislang nicht strafbar war. Allerdings ist unklar, ob die Sportverbände die Ergebnisse der Ermittlungen dazu verwenden dürfen, Radrennfahrer wegen Dopings zu sperren.
Ein Richter, der seinen Kollegen Serrano kurzzeitig vertreten hatte, hatte dies ausdrücklich untersagt. Serrano relativierte das Verbot später. Danach dürfen die Verbände nur solche Erkenntnisse der Ermittler, die auf abgehörten Gesprächen oder heimlichen Videoaufnahmen beruhten, nicht für sportliche Sanktionen verwenden.