Paris (dpa) - Sie werden in Frankreich ehrfürchtig als «Super-Gendarmen» bezeichnet: Die Mitglieder der Spezialeinheit GIGN, das französische Gegenstück der deutschen GSG 9.
Wenn sich im Sommer die Radrennfahrer der Tour de France den Mont Ventoux hochquälen, werden die Männer mit den Sturmmasken nicht weit sein. Aufgrund der Terrorgefahr sollen sie erstmals das Radsport-Spektakel auf seiner ganzen Strecke begleiten.
Wie schon bei der Fußball-EM haben die französischen Behörden ihre Sicherheitsvorkehrungen wegen der Terrorgefahr verschärft. 23 000 Polizisten und Gendarmen sollen vom kommenden Samstag bis zum 24. Juli das Rennen quer durch Frankreich sichern. Hinzu kommen private Sicherheitsleute etwa in den Start- und Zielbereichen.
Der Schutz der Tour sei Jahr für Jahr eine enorme Herausforderung, sagte Premierminister Manuel Valls bei der letzten Ausgabe - und das war noch vor den verheerenden Pariser Anschlägen vom 13. November. Die Radsportler absolvieren 3500 Kilometer Strecke, am Straßenrand werden zwischen zehn bis zwölf Millionen Zuschauer erwartet, noch einmal deutlich mehr als bei der Fußball-EM.
Das Rennen lebt von dieser Volksfest-Atmosphäre, die es zugleich aber schwer zu sichern macht. Kontrollen aller Besucher wie in den Stadien und Fanmeilen der Europameisterschaft sind hier nicht vorstellbar.
Während Hooligans im Radsport erstmal weniger ein Problem sind als bei der EM, ist die Bedrohung durch Terroristen in Frankreich nach wie vor Thema Nummer 1. Frankreich hat deshalb den seit den Anschlägen vom 13. November geltenden Ausnahmezustand extra bis Ende Juli verlängert. Die Behörden verfügen so auch während der gesamten Tour weiter über Sonderrechte, mit denen beispielsweise Hausarreste ohne Richterbeschluss möglich sind.
Und deshalb sollen auch die Elitebeamten der Gendarmerie das Rennen begleiten. «Es geht darum, über Kräfte zu verfügen, die im absoluten Notfall auf eine terroristische Attacke im Umfeld oder auf der Strecke des Rennens reagieren können», sagte Innenminister Bernard Cazeneuve. Details zum Einsatz der «Super-Gendarmen» werden bislang unter Verschluss gehalten. So bleibt etwa offen, wie viele Beamte beim Rennen sind und wie nah an der Strecke sie positioniert werden.
Seit den Terroranschlägen des vergangenen Jahres stehen die verschwiegenen Spezialkräfte ungewohnt häufig im Blickpunkt der Öffentlichkeit. GIGN-Beamte wurden etwa eingesetzt, als sich zwei Terroristen nach ihrem Anschlag auf das Satiremagazin «Charlie Hebdo» in einer Druckerei verschanzt hatten.
Das Groupement d'Intervention de la Gendarmerie Nationale (zu Deutsch: Interventionsgruppe der nationalen Gendarmerie) wurde zwei Jahre nach dem Geiseldrama bei den Olympischen Spielen 1972 in München gegründet. Ihr bekanntester Einsatz war die Stürmung eines entführten Air-France-Flugzeugs auf dem Flughafen von Marseille im Dezember 1994. Für Schlagzeilen sorgen manchmal aber auch banalere Einsätze. So überfielen zwei Räuber kürzlich ausgerechnet eine McDonald's-Filiale, in der gerade eine Gruppe «Super-Gendarmen» zu Gast war. Sie kamen nicht weit.
Im vergangenen Jahr berichteten französische Medien vor dem Hintergrund der Terroranschläge aber auch immer wieder von Kompetenzgerangel zwischen den Gendarmen der GIGN und ihrem Gegenstück bei der Polizei, der Einheit RAID. Eine im April verkündete Reform soll solche Probleme künftig verhindern. Es sei nicht mehr die Zeit der Konkurrenz zwischen den Kräften, sondern die der Einheit, versprach Cazeneuve. Zum Schutz der EM sind derzeit beide Einheiten im Einsatz.