Hannover (dpa) - Jens Voigt wiederholte seinen Vorjahres-Gesamtsieg, U23-Weltmeister Gerald Ciolek feierte in Hannover mit seinem dritten Etappensieg einen Hattrick, und Altmeister Erik Zabel holte zum siebten Mal das rote Sprinter-Trikot.
Noch nie stand die Deutschland Tour seit ihrer Wiedereinführung 1999 so im Zeichen der Gastgeber wie in diesem Jahr. Der 35-Jährige Voigt, der sich in Zeiten des Doping-Generalverdachts nach seinem Husarenritt auf der «Königsetappe» misstrauische Blicke einhandelte, sorgte bei seiner Titelverteidigung nach insgesamt 1293 Kilometern für eine Premiere.
Der Berliner ist der erste Fahrer, der bei der 1911 erstmals ausgetragenen und mehrmals unterbrochenen D-Tour zwei Gesamtsiege feierte. Wie 2006 verwies Voigt den Tour-de-France-Dritten Levi Leipheimer (USA) mit 1:57 Minuten Rückstand auf den zweiten Platz. «Der Rekord - das ist etwas für die Statistiker. Mich interessiert der schöne Sieg, den ich mir verdient habe», sagte Voigt. Anders als im Vorjahr will er mit seinem Erfolg, der auch Zweifler auf den Plan rief, nachdem er in Sölden wie ein Hochgebirgs-Spezialist den 2671 Meter hohen Rettenbachferner regelrecht hochgeflogen war, offensiv umgehen.
«Das Misstrauen muss ich abschütteln. Im letzten Jahr habe ich noch versucht, den Sieg klein zu reden, dazu habe ich keine Lust mehr. Ich habe nach der Tour de France weiter wie ein Mönch gelebt. Das hat sich ausgezahlt», sagte der in Berlin lebende Mecklenburger, der das Gelbe Trikot am zweiten Tag nach dem Sieg seines dänischen CSC-Teams im Mannschafts-Zeitfahren eroberte hatte. In seinem Team gebe es ein vorbildliches Anti-Doping-Programm. «Dort wurde ich mehrmals getestet, bei der Deutschland-Tour jeden Tag. Ich kann nicht mehr tun als zu beweisen, dass ich sauber bin», sagte Voigt.
Neben Voigt war das neue deutsche Sprint-Ass Ciolek der große Gewinner der D-Tour. Der 20-Jährige aus Pulheim vollendete nach seinen Etappensiegen in Kufstein und Regensburg auf der Schlussetappe in Hannover den Sprint-Hattrick. «Wenn es einmal läuft, dann läuft es. Drei Siege bei der Deutschland-Tour - das ist großartig», meinte der T-Mobile-Profi, der einmal mehr Zabel das Nachsehen gab.
Rudolf Scharping, Präsident des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR), zog nach den «deutschen Tagen» ein zufriedenes Fazit: «Erfreuliche sportliche Erfolge, sehr gute Resonanz bei Zuschauern, glänzende Organisation: Drei Indizien für eine Chance auf glaubwürdigen Radsport», sagte der BDR-Chef der Deutschen Presse-Agentur dpa. Zudem habe das Anti-Doping-System funktioniert, wobei nach den jüngsten Skandalen das «Tal» noch nicht durchschritten sei.
Tour-Chef Kai Rapp, der nach den Doping-Skandalen bei der Frankreich-Rundfahrt ein «neues Haus» für den Radsport fordert, bastelt derweil schon an der Deutschland-Tour im kommenden Jahr. Diese soll nach bisherigen Planungen vom 29. August bis 6. September 2008 stattfinden soll. Berlin komme als Etappenort in Frage, die D-Tour solle «irgendwie am Salzwasser» im Norden enden, sagte Rapp.
Thomas Bach, der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), stattete der Deutschland-Tour einen Solidaritäts-Besuch ab und lobte die Veranstalter für den Anti-Doping-Kampf: «Der Radsport versucht, eine neues Kapitel aufzuschlagen. Der feste Wille ist da, dem Radsport wieder seine Glaubwürdigkeit zurückzugeben. Aber man darf nicht bei Einzelmaßnahmen stehen bleiben», mahnte Bach.
Die Fernseh-Intendanten werden nach Auskunft eines ARD-Sprechers im November darüber entscheiden, wie 2008 die Übertragungen von der Tour de France und Deutschland-Tour ablaufen sollen. Nach dem Doping-Fall Sinkewitz waren ARD und ZDF aus der laufenden Tour ausgestiegen und auch die Austragung der D-Tour hing danach lange am seidenen Faden.