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Der Frauen-Vierer trug zur großartigen deutschen Medaillenbilanz bei. Foto: Mareike Engelbrecht
17.08.2022 11:00
Deutschland erfolgreichste Nation bei der Bahn-EM

München (rad-net) - Mit zwei weiteren Gold- und einer Silbermedaille für den Bund Deutscher Radfahrer (BDR) gingen gestern die Bahnentscheidungen bei den European Championships in München zu Ende. Deutschland war mit insgesamt acht Gold,- vier Silber und einer Bronzemedaille der erfolgreichste Verband bei den Bahn-Wettbewerben. Herausragende Athletin war Emma Hinze mit drei Goldmedaillen im Sprint, Teamsprint und im 500-m-Zeitfahren. Lea Sophie Friedrich gewann zwei Titel; Theo Reinhardt und Maximilian Dörnbach holten jeweils zwei Medaillen.

Emma Hinze war mit drei Goldmedaillen (Sprint, Teamsprint und 500-Meter-Zeitfahren) die erfolgreichste Athletin der Championships. «Dass ich drei Goldmedaillen gewinnen konnte, macht mich sehr stolz. Diese EM hat einen ehr großen Stellenwert für mich. Es ist krass, hier zu Hause zu gewinnen. Es ist fast so ein Gefühl wie vor zwei Jahren bei der WM in Berlin», sagte die 24-Jährige nach ihrer dritten Goldmedaille. Im Keirin trat Hinze nicht mehr an, fühlte sich zu erschöpft für einen vierten, harten Wettkampf. Dort fuhr sich dann Lea Sophie Friedrich souverän ins Finale und jubelte über ihre zweite Goldmedaille bei den European Championships.

Für Jan van Eijden war es der erste ganz große Wettbewerb, seit er vor einem halben Jahr das Amt des Bundestrainers der Kurzzeit-Athleten übernommen hat. Der 46-Jährige war mit dem Abschneiden seines Kaders in München sehr zufrieden. Vier Gold, eine Silber- und eine Bronzemedaille entfielen auf den Kurzzeitbereich. Das war eine starke Ausbeute, zumal die EM in München nur eine Zwischenstation auf dem Weg zum Saisonhöhepunkt, der Bahn-Weltmeisterschaften im Oktober in Paris, war. «Es war das erste Großereignis für mich als Trainer, aber auch für einige Mitarbeiter im Betreuerstab, die neu hinzugekommen sind. Das Zusammenspiel zwischen uns und den Sportlern hat sehr gut und erfolgreich funktioniert. Die Sportler haben sich sehr gut präsentiert, obwohl der Jahreshöhepunkt erst folgt.» Van Eijden lobte auch die Symbiose mit den Heimtrainern, die eine gute Vorarbeit geleistet haben. Und umgekehrt hatten die Sportler nur lobende Worte für ihren neuen Trainer, der viel Wert auf Zusammenhalt und Mannschaftsgeist legt. «Ich versuche auf jeden Sportler so gut es einzugehen, wie es möglich ist», sagt van Eijden, dessen Devise lautet: Als Mannschaft gewinnt und verliert man, also einer für alle und alle für einen.

Im Kurzzeitbereich der Männer war bei Marc Jurczyk und Maximilian Dörnach, der Bronze im 1000-m-Zeitfahren gewann, eine Leistungssteigerung gegenüber der letzten Saison deutlich spürbar. Weil sie in den letzten Monaten störungsfrei trainieren konnten, keine Ausfälle durch Krankheit oder Sturz hatten, sei bei ihnen Kontinuität spürbar. «Die braucht man, um sein Leistungsniveau abrufen zu können», so Van Eijden.

Stefan Bötticher fehlte verletzungsbedingt in München, soll aber rechtzeitig zur WM wieder fit sein. Timo Bichler ist wegen gerade überstandener Corona-Infektion noch nicht wieder fit und kämpft mit Nick Schröter, der in München im Teamsprint eingesetzt war, um einen Startplatz im Teamsprint bei der WM.

Im Frauenbereich sind die Teamsprinter gut aufgestellt mit Emma Hinze, Lea Sophie Friedrich, Pauline Grabosch und Alessa Pröpster. Die U23-Fahrerin aus der Pfalz gewann bei der U23-EM im letzten Monat drei Titel. Lea Friedrich ist ähnlich stark wie Hinze, obwohl drei Jahre jünger hat sie ebenfalls schon fünf WM-Titel in der Eliteklasse gewonnen. «Aber sie ist ein anderer Typ als Emma. Sie hat dasselbe Potential, kriegt es aber nicht immer auf den Tag hin», so Van Eijden, der seinen Sportlerinnen und Sportlern jetzt erst einmal ein wenig Ruhe gönnt, bevor es in die finale WM-Vorbereitung geht. «Die große Aufmerksamkeit der Championships von München waren für die Sportler und den Verband großartig, aber jetzt braucht es eine Weile, bis sie wieder zur Ruhe kommen.»

Im Ausdauerbereich der Männer scheiterte der Vierer in der Besetzung Tobias Buck-Gramcko, Nicolas Heinrich, Theo Reinhardt und Leon Rohde zwar im kleinen Finale an Großbriannien, dafür gab es eine Goldmedaille in der 4000-m-Einerverfolgung durch den erst 20-jährigen Nicolas Heinrich, der im Finale fast vier Sekunden schneller war als sein Gegner.

Moritz Malcharek überraschte mit einer starken Leistung im Scratch, wo er die Silbermedaille gewann, und Theo Reinhardt jubelte ebenfalls über Silber im Ausscheidungsfahren. Medaillen in diesen beiden Einzeldisziplinen hatte es lange nicht gegeben. Der Berliner trat am letzten Tag mit Roger Kluge noch im Madison an, eine Disziplin, die dem Duo auf den Leib geschneidert ist. Zweimal, 2018 und 2019, waren sie schon Weltmeister, 2020 holten sie Bronze. Und jetzt sausten sie erneut zum Sieg.

Mit zwei Gold-und zwei Silbermedaillen war Bundestrainer Tim Zühlke sehr zufrieden. «Das war ein guter Einstieg», freute sich der Erfurter, der zu Jahresbeginn sein neues Amt als Bundestrainer der Elite antrat und in München einen sehr erfolgreichen Einstieg feierte. «Der Vierer hat gezeigt, dass er auf dem richtigen Weg ist, die beiden Silbermedaillen von Theo und Moritz waren Klasse, der Erfolg von Nicolas Heinrich war überragend, und die Krönung war heute der ganz starke Auftritt von Roger und Theo», freute sich Zühlke.

Im Ausdauerbereich der Frauen wurde der deutsche Vierer seiner Favoritenrolle gerecht: Das Quartett Franziska Brauße, Lisa Brennauer, Mieke Kröger und Lisa Klein startete in gleicher Besetzung wie in Tokio und holte souverän den Titel. Kröger und Brennauer lieferten sich nur einen Tag später ein packendes Duell im Kampf um den Titel in der Einerverfolgung. Dabei unterlag Brennauer in ihrem letzten Bahnrennen Teamkollegin Kröger. «Wenn mich jemand schlagen durfte, dann Mieke», lachte Brennauer, nicht traurig, im letzten Rennen ihrer Karriere auf der Bahn «nur» Silber gewonnen zu haben.

«Die kurze Bahn hat uns vor ein paar Herausforderungen gestellt, aber am Ende haben wir es ganz gut gemeistert und nicht nur mit den Medaillengewinnerinnen gut abgeschnitten. Lisa (Brennauer) wird künftig fehlen und nur sehr schwer bis gar nicht zu ersetzen sein. Ich hoffe, sie bleibt dem Sport erhalten, egal in welcher Funktion», sagte Frauen-Bundestrainer André Korff.

Eine gute Entwicklung konnte man auch bei Lea Lin Teutenberg feststellen, die im Omnium Rang sechs belegte. Beim abschließenden Madison wurde Teutenberg zusammen mit Franzika Brauße ebenfalls Sechste.

«Das war ein hervorragender Auftritt unserer Bahnmannschaft bei diesen Europameisterschaften. Jetzt gilt es, einen Gang runterzuschalten, um für die WM wieder neue Kraft zu finden», sagte BDR-Sportdirektor Patrick Moster. Die Erfolge von München seien aber kein Grund, in Euphorie zu verfallen, denn auch die Konkurrenz habe sich weiterentwickelt. «Nationen wie Italien und vor allem Frankreich, die in zwei Jahren Gastgeber der Olympischen Spiele sind, haben ihre Liebe zum Bahnradsport wieder entdeckt», erkannte Moster.

Der Sportdirektor zeigte sich äußert erfreut über den guten Auftritt der gesamten Mannschaft, zumal es im Trainer- und Betreuerstab einige Veränderungen gegeben habe. «München war das erste Großereignis, wo alle zusammengearbeitet haben, und es hat hervorragend funktioniert.»

Nicht nur die vielen Medaillen auf der Bahn veranlassten den BDR zu einer zufriedenen Bilanz dieser Europameisterschaften. «Wir sind dankbar, dass wir zum Kreis der neun auserwählten Sportarten gehören, die sich bei den European Championships präsentieren können», sagte Moster in München. Die große Aufmerksamkeit des Publikums und der Medien habe dem deutschen Radsport gutgetan. «Außerdem», so Moster, «haben wir eindrucksvoll gesehen, dass Deutschland bereit ist, internationale Gäste, ob Sportler oder Besucher, offen zu empfangen. Dieses sportliche Großereignis wurde von der Bevölkerung sehr gut angenommen.»

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