Hannover (dpa) - Die Politik fordert einen TV-Boykott für den Radsport, aber ARD und ZDF wollen trotz der neuesten Doping- Geständnisse weiter senden. «Nie war die Chance größer als jetzt, den Radsport zu reformieren», begründete ARD-Sprecher Peter Meyer das Festhalten an den geplanten Übertragungen.
ZDF-Sprecher Alexander Stock kündigte allerdings an: «Wir werden das genau beobachten. Sollte sich herausstellen, dass aktuelle Sportler betroffen sind, dann wird das ZDF über Konsequenzen nachdenken.»
Mit Peter Danckert hatte der Vorsitzende des Bundestag-Sportausschusses von den öffentlich-rechtlichen TV-Sendern eine Pause in der Radsport-Berichterstattung gefordert. «Ich empfehle einen vorübergehenden Boykott, bis sich die Dinge aufgeklärt haben», sagte Danckert dem Nachrichtensender n-tv. ARD und ZDF sollten «ein Zeichen setzen»: «Es kann nicht sein, dass wir einen noch nicht dopingfreien Sport weiter unterstützen durch Gebühren, die ja von Millionen geleistet werden.»
Die Sender lehnen das ab. «Zum jetzigen Zeitpunkt sehen wir keinen Anlass für einen Boykott, das hieße die Sache totzuschweigen», erklärte ZDF-Mann Stock. Vor allem die ARD sieht sich spätestens seit dem Geständnis von Bert Dietz in der ARD-Sendung «Beckmann» in der Rolle des Aufklärers.
«Wir haben am Verhandlungstisch mit dem Radsport und durch unsere investigative Berichterstattung zusammen mit dem ZDF ein Klima geschaffen, in dem sich jetzt ehemalige Doping-Sünder offenbaren können», sagte Meyer. «Die jüngste ARD-Sendung 'Beckmann' und die gestrigen 'Tagesthemen' mit dem Schwerpunkt 'Doping im Radsport' belegen dies.»
Tatsächlich hat sich das Vorgehen der ARD geändert, die von 1998 bis 2004 Sponsor des Telekom-Teams war und mit Jan Ullrich im Jahr 1999 einen Exklusiv-Vertrag geschlossen hatte. Dafür hagelte es Kritik. Zu Recht, wie ARD-Sprecher Meyer einräumte: «Es war ein Fehler, eine Nähe zum Radsport zu pflegen, die vielleicht den ein oder anderen kritischen Ansatz nicht so hat in Erscheinung treten lassen, wie es vielleicht notwendig gewesen wäre.»
Gegen einen TV-Boykott sprach sich auch der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Thomas Bach, aus. «Die Berichterstattung muss in vollem Umfang stattfinden», sagte Bach. «Dabei muss die Doping-Problematik allerdings einen angemessenen Platz finden. Wenn der Schirm dunkel bliebe, müsste man sich fragen, ob für andere Programmangebote aus Wirtschaft und Politik ebenfalls die Kameras abgestellt werden sollten.»
Die Übertragungen von Tour de France und Deutschland-Tour sollen nun anders als in früheren Jahren aussehen. «Natürlich wird das Thema Doping einen wichtigen Stellenwert in der Berichterstattung haben», kündigte ARD-Sprecher Meyer an. Dabei setzt der Sender besonders auf die neue Doping-Redaktion, die federführend vom WDR betreut wird. Meyer meinte zudem: «In Zukunft müssen wir aufpassen, Sportasse nicht zu zu großen Helden zu machen.»