Neuffen (rad-net) - Der Neuffener Christian Pfäffle wird 2020 keine
Weltcup-Rennen mehr bestreiten und sich auf seine berufliche Karriere
konzentrieren. Der 26-Jährige, der seit Junioren-Zeiten dem Nationalkader
angehörte, will aber dem Sport und der Marke Stevens zwei weitere Jahr treu
bleiben.
Ob die Entscheidung auf die große internationale Bühne zu verzichten ein
echter Rücktritt ist? «Ja, das ist ein Rücktritt. Es ist für mich der Schritt
vom Profi in den Hobby-Sport», antwortet Christian Pfäffle. Vielleicht kommt
«Amateur-Sport» dem künftigen Spektrum ein wenig näher, aber auf jeden Fall sei
es ein Rückzug von professionellen Strukturen.
«Ich fahre gerne Rad und auch gerne Wettkämpfe. Aber ich kann das nicht mehr
so ausleben, wie bisher», erklärt Pfäffle. «Die berufliche Karriere ist jetzt
wichtiger. Wenn es so läuft, wie ich mir das vorstelle, ist es ein Schritt nach
vorne. Es war abzusehen, dass ich mein Geld anders verdienen muss.» Anders als
mit Profi-Radsport. Ein normaler Job fühle sich richtiger an, er habe sich in
den vergangenen Jahren über Wasser halten, aber nichts auf die hohe Kante legen
können, macht er klar. «Und der Sport entwickelt sich auch nicht in die
Richtung, in der man sich Hoffnungen machen könnte», sagt er noch. Damit meint
er auch die Abwanderung der Marketing-Budgets in die e-MTB-Branche. Die Aussicht
auf seinem Niveau ordentlich zu verdienen, ist aktuell nicht besonders
berauschend.
Der «normale» Job bedeutet konkret: Abschluss der Techniker-Ausbildung im
Juli nächsten Jahres und dann ein Stelle in der Automatisierungstechnik suchen.
Das lässt sich noch vereinbaren mit Wettkämpfen auf Bundesliga-Niveau oder dem
Start bei der Deutschen Meisterschaft. Wenn man bei einer Elite-DM mal um die
Medaillen mitgefahren ist (und eine gewonnen hat), wenn man 15. bei einer WM
war, dann auf niedrigerem Niveau den Kollegen hinterher fahren zu müssen, das
könnte aber auch den Spaß verderben. «Ich habe lange überlegt. Klar ist das dann
komisch. Anderseits bin ich lange dabei und Wettkämpfe machen mir immer noch
Spaß. Es ist dann halt ein Hobby und nicht mehr der Beruf. So war es bis 2013
auch, bevor ich in die Sportfördergruppe der Bundeswehr eingetreten bin. Ich
habe auch nie den Unterschied gemacht, ob WM oder Tälercup, ich habe immer alles
aus mir herausgeholt», versucht Pfäffle zu erläutern, wie er zum Entschluss nur
bis zu diesem Punkt durchzuziehen. Da spielte wohl auch das Interesse der
Verantwortlichen bei Stevens eine Rolle, die ihn für zwei weitere Jahre als
Zugpferd im Rennstall halten wollten.
Den Entschluss sich einer anderen beruflichen Karriere zuzuwenden hatte
Christian Pfäffle eigentlich schon vor Beginn der Saison 2019 gefasst, aber
manchmal ändern sich die Dinge ja im laufenden Betrieb. Zum Beispiel, wenn es
gut läuft. Aber so ist es nicht gekommen.
Gemessen an dem, was Christian Pfäffle schon geleistet hat, sind die Resultate
in diesem Jahr nicht groß aufgefallen. Allerdings war Rang 53 von einer
Startposition jenseits der 100 beim Weltcup in Val di Sole noch mal eine sachte
Andeutung dessen, was der Neuffener schon zu leisten imstande war.
Insbesondere im Jahr 2016, als ihm dieses Kunststück gelang aus ähnlichen
Regionen bei der WM in Nove Mesto bis auf Rang 15 nach vorne zu fahren. Es blieb
sein international hochwertigstes Resultat. Eine Woche nach Val di Sole
verwehrte ihm ein Defekt in Lenzerheide mehr als Rang 75 und damit auch einen
gelungenen Abschluss seiner Weltcup-Karriere. Den Abschluss der MTB-Saison beim
Bundesliga-Doppel im Schwarzwald verpasste Pfäffle. Die Rennen in Freudenstadt,
weil er geheiratet hat und das Finale in Titisee-Neustadt, weil er sich eine
Erkältung eingefangen hatte.
Im Herbst, respektive Winter will Pfäffle wieder mehr Cyclo-Cross-Rennen
fahren, als er das im vergangenen Winter getan hat, aber insgesamt ist da «mehr
Freiheit» und er habe die Möglichkeit, «vieles so zu machen, wie es Spaß
bereitet.» Manchmal kommt unter solchen Umständen ja sogar eine
Leistungssteigerung heraus.
Blickt man auf den Kalender 2020 fällt einem natürlich sofort die WM in
Albstadt ins Auge. Eine Weltmeisterschaft im eigenen Land und nur eine
Autostunde vom Heimat-Ort Neuffen entfernt, wäre das nicht noch mal ein Reiz?
Oder ein schöner Abschluss der internationalen Karriere? «Nee», sagt Pfäffle,
«da müsste ich Zeit investieren, um Punkte zu holen, damit ich eine vernünftige
Startposition habe. Nein, das ist nicht vorgesehen, nicht im Plan und nicht
gewollt.» Die WM Ende Juni in Albstadt werde er nur als Zuschauer erleben. Auch
weitere Starts bei Weltcup-Rennen würden keinen Sinn machen. Dafür sei a.) keine
Zeit und b.) denke er nicht, dass er dafür die notwendige Form aufbauen könne.
«Dann brauchst du dich beim Weltcup auch nicht an den Start stellen. Das war
dieses Jahr schon für die Katz. Es befriedigt nicht, wenn du ein gutes Rennen
fährst, aber kein vernünftiges Ergebnis dabei herauskommt», erläutert er.
Christian Pfäffle scheint abgeschlossen zu haben mit diesem Teil seiner
Karriere. «Ich hatte eine richtig coole Zeit, habe mega viel gesehen und Erfolge
gefeiert», betont er. Viele Eindrücke seien auch für die Entwicklung seiner
Persönlichkeit von Bedeutung gewesen und er bereue nichts. Dass er nach an die
Leistungen von 2016, aufgrund von Verletzungen und Krankheiten, vielleicht auch
dem einen oder anderen Fehler, nicht mehr wirklich anknüpfen konnte, darüber
grämt er sich nicht.
Eine rückwärtsgewandte Perspektive eines «Hätte-ich-Nur» würde es für ihn nicht
geben. «Ich bin richtig froh über meine Karriere, ich hatte schöne Erfolge und
ich hätte nicht mit allen auch gerechnet. Schon gar nicht als ich mit dem Sport
angefangen habe. Erst in der U23 habe ich begonnen über eine Profi-Karriere
nachzudenken. Bis dahin habe ich das nie großartig verfolgt», blickt Pfäffle
zurück. Der größte Erfolg? Sicher der als er bei der WM 2016 von Startposition
100 auf 15 nach vorne fahren konnte. «Das war ein mega cooles Gefühl», bestätigt
er. Und seine erste WM, als Junior 2010 in Mont Sainte Anne, «das erste ganz
große Rennen», der echte erste Kontakt mit einem Manuel Fumic, die erste richtig
weite Reise, das bleibt nebst vielen Freundschaften und Begegnungen in
Erinnerung.
Christian Pfäffle hat in der U15, in der U19 und in der U23 jeweils
DM-Gold gewonnen, in der Elite 2016 Bronze. 2011 fuhr er bei der Junioren-WM in
Champery auf Rang zehn, 2013 war er bei der U23-WM in Südafrika Siebter, 2012
wurde er bei der Premiere der Eliminator-WM Vierter, beim Eliminator-Weltcup in
Nove Mesto 2013 Zweiter.