Montlucon (dpa) - Carlos Sastre und Cadel Evans trennen nur noch 196 Kilometer vom Ziel ihrer Träume, für den deutschen Meister Fabian Wegmann ist die Tour dagegen schon vor den beiden Schlussetappen zu Ende. Die beiden Anwärter auf das Gelbe Trikot in Paris sammelten auf der 19. Etappe von Roanne nach Montlucon noch einmal Kräfte für das alles entscheidende Zeitfahren am Samstag in Cérilly über 53 Kilometer. Vor der «Stunde der Wahrheit» blieb am Freitag, als sich Sylvain Chavanel den Tagessieg sicherte und Gerald Ciolek als Dritter zum dritten Mal aufs Podium fuhr, im Gesamtklassement der 95. Tour de France alles beim Alten: Der 33-jährige Spanier Sastre liegt als Spitzenreiter weiter 1:34 Minuten vor seinem schärfsten Rivalen Evans. Der Australier gilt als der deutlich stärkere Zeitfahrer.Sastres Team-Kollege Frank Schleck (Luxemburg) belegt weiter den zweiten Platz 1:24 Minuten vor dem Österreicher Bernhard Kohl vom Team Gerolsteiner (+ 1:33), der sein Bergtrikot bereits sicher hat. Den dritten französischen Etappensieg holte sich nach 165,5 Kilometern in Montlucon Chavanel vor seinem Landsmann Jérémy Roy. Dahinter machten drei Deutsche den Spurt des Hauptfeldes 1:13 Minuten später unter sich aus. Wieder einmal gab dabei Jungstar Ciolek Altmeister Erik Zabel und Gerolsteiner-Profi Heinrich Haussler das Nachsehen. «Heute wäre ein Tag für die Sprinter und für mich gewesen, aber ich bin nicht sauer. In Paris am letzten Tag haben wir noch eine Chance», sagte Ciolek, der der vergeblichen Aufholjagd nachtrauerte.
Noch trauriger verlief der Tag für den deutschen Doppelmeister Wegmann, der wegen Zeitüberschreitung die Tour nicht fortsetzen darf. Seine Verletzungen aus insgesamt fünf Stürzen hatten sich entzündet, dick bandagiert quälte sich der Freiburger durch die Etappe. Nach 85 Kilometern konnte er dem Tempo des Pelotons nicht mehr folgen, fuhr chancenlos hinterher und erreichte 28:13 Minuten nach dem Tagessieger das Ziel. «Seine Lymphknoten waren angeschwollen. Das ist ein Zeichen für einen Infekt. Man muss aber auch das Gute daran sehen: Jetzt hat er etwas mehr Zeit, um sich für Peking zu erholen», sagte sein Gerolsteiner-Sportdirektor Christian Henn.
Zunächst war lange nach Chavanels Zieldurchfahrt noch nicht klar, ob die Etappe als «leicht» oder «mittelschwer» gewertet wird, was Einfluss auf die Berechnung des Zeitlimits hat. Vehement kämpfte Gerolsteiner-Teamchef Hans-Michael Holczer für seinen Fahrer, doch die Jury wies den Protest zurück und stufte den Tagesabschnitt als Flachetappe ein. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Einstufung als bergige Etappe Einfluss auf die Punktewertung des Grünen Trikots gehabt hätte.
Stefan Schumacher, Gewinner des ersten Zeitfahrens in Cholet, machte wie in den vergangenen Tagen auf sich aufmerksam. Seine Attacke mit weiteren Fahrern scheiterte aber nach wenigen Kilometern. Der WM-Dritte vom Team Gerolsteiner, der zwei Tage das Gelbe Trikot trug, macht sich in Paris berechtigte Hoffnungen auf die Auszeichnung als «kämpferischster Fahrer» der Tour. «Er hat in den letzten Tagen deshalb viel Kraft gelassen. Daher sollte man vielleicht auch beim Zeitfahren in Cérilly nicht mehr zu viel von ihm erwarten, obwohl er natürlich noch einmal alles geben wird», sagte sein Teamchef Hans-Michael Holczer.
Der Italiener Damiano Cunego, Gewinner des Giro d'Italia 2004, der am Vortag gestürzt war, trat am Freitag zur drittletzten Tour-Etappe nicht mehr an. Der Arzt hatte ihm von einer Weiterfahrt abgeraten.
Sylvain Chavanel