Rimini/Berlin (dpa) - Der Ausschluss beim Giro d'Italia 1999 wegen vermuteten Dopings markierte den Wendepunkt in der Karriere Marco Pantanis. Schuld daran - so die neueste Verschwörungs-Theorie der langjährigen Freundin des am 14. Februar 2004 verstorbenen Rad-Idols: Die Wettmafia.
Die Dänin Christina Jonsson äußerte sich entsprechend in einem Interview, das in der im Bielefelder Covadonga-Verlag auf Deutsch erscheinenden Biografie «Marco Pantani» abgedruckt ist. Ermittlungen der italienischen Justiz in diese Richtung gab es bisher nicht. Das Buch von John Wilcockson soll auf der Leipziger Buchmesse ab 20. März präsentiert werden.
«Er hatte das Gefühl, dass sein Ausschluss geplant war, dass es eine Verschwörung gegen ihn war. Nach Marcos Tod sagte sein Teamkollege Marco Velo einer Zeitung, dass bereits am 4. Juli 1999, also einen Tag vor dem Bluttest und Marcos Ausschluss, Gerüchte die Runde machten, dass er nicht weiterfahren würde. Sie wissen ja, in Italien werden große Wetten auf die wichtigen Akteure abgeschlossen», erklärte Christina Jonsson in dem dem Buch beigefügten Interview mit der Zeitschrift «L'Hebdo».
Am Valentinstag jährt sich der Tod Pantanis, der an einer Überdosis Kokain in einem Hotelzimmer in Rimini starb. Die Staatsanwaltschaft stellte drei Dealer unter Mord-Anklage, die dem an Depressionen leidenden 34-Jährigen die tödliche Droge verkauft hatten. Der «Pirat» aus Cesenatico, der 1998 sowohl den Giro als auch die Tour (vor Jan Ullrich) gewonnen hatte, wurde von der italienischen Justiz wegen vermeintlichen Sportbetrugs verfolgt.
Das entsprechende Gesetz war 1989 gegen Wettbetrüger vor allem im Fußball erlassen worden. Durch Doping-Missbrauch habe Pantani die Ergebnisse von Sportereignissen manipuliert - so die Justizvorwürfe, die der letzten Instanz nie stand hielten. Erst nach Einführung eines neuen Anti-Doping-Gesetzes 2001 hatte der Staat andere Handhaben.
Zwei Etappen vor Ende des Giro '99 wurde Pantani am 5. Juni in Madonna di Campiglio mit großem Vorsprung führend aus dem Rennen genommen. Eine in diesem Fall wahrscheinlich wirklich unangemeldete Blutkontrolle hatte einen Hämatokritwert von 52 Prozent ergeben, der deutlich über der zugelassenen 50er Grenze lag und eindeutig auf Doping mit EPO hinwies. Pantanis Rosa Trikot hatte die ersten dunklen Flecke - sein später ebenfalls des Dopings angeklagter Landsmann Ivan Gotti gewann.
Der charismatische Glatzkopf, der nach seinem persönlichen Giro- Crash nur noch einmal sportlich durch zwei Etappensiege bei der Tour 2000 auf sich aufmerksam machte, fühlte sich laut Christina Jonsson als prominenter Sündenbock, der ganz allein für das Dilemma seines Sports büßen musste. Schon während ihrer im Frühjahr 2003 beendeten Beziehung hätte Pantani Kokain in «industriellen Mengen» konsumiert.
Bei der bewegenden Trauerfeier in der kleinen Kirche San Giacomo Apostoli in Cesenatico nahmen am 18. Februar 2004 neben zehntausenden Fans und Radsport-Prominenz auch der italienische Ex-Fußball- Nationaltrainer Azeglio Vicini und Ski-Star Alberto Tomba teil. Der Bischof von Cesena, Antonio Lanfranchi, rief in der Predigt die Welt des Sports auf, «ihr Gewissen zu erforschen». Die «Gazzetta dello Sport» schrieb in ihren Hymnen zum Jahrestag des Pantani-Todes von der «offenen Wunde» des Radsports.