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Jan Ullrich lacht bei der Pressekonferenz hinter den Mikrofonen.
11.07.2005 18:55
Bruchpilot Ullrich: «Jetzt erst recht»

Voreppe (dpa) - Bruchpilot Jan Ullrich ist nicht kleinzukriegen. «Ich hatte niemals den Gedanken, die Tour aufzugeben. Jetzt erst recht», sagte der T-Mobile-Kapitän, der nach seinem zweiten Sturz innerhalb von neun Tagen aussah, wie ein Boxer nach einem harten Kampf.

Zwei kleinere Schwellungen über dem linken Auge waren am ersten Tour-Ruhetag die sichtbaren Blessuren des Sturzes vom Vortag, als Ullrich bergab in einer Linkskurve mit «etwa 60 Stundenkilometer» in den Graben stürzte und sich mehrmals überschlug. «Armstrong hat gewartet - dafür Chapeau», lobte Ullrich die Fairness des Titelverteidigers, der auf der ersten Alpenetappe zum großen Angriff blasen könnte.

«Eine Rippenprellung, die ihn beim Atmen behindert, und zahlreiche Prellungen anderer Art am Körper», lautete am Fuß der Alpen in Voreppe die Diagnose von Teamarzt Lothar Heinrich. Am Morgen war durch eine Röntgenaufnahme in einer Privatklinik in Grenoble ausgeschlossen worden, dass der T-Mobile-Pechvogel Brüche davongetragen hat. «Ich habe drei Stunden trainiert. Beim tief Luftholen habe ich Schmerzen, aber ich hoffe, morgen ist es besser», sagte Ullrich auf einer Pressekonferenz vor zehn Kamerateams und rund 100 Journalisten.

«Die Schmerzen bei Rippenprellungen sind die gleichen wie bei einem Bruch», beschrieb Heinrich die Probleme von Ullrich: «Morgen auf der ersten großen Bergetappe nach Courchevel wird es sich zeigen, wie er das unter Belastung verkraftet.» An die 1850 Meter hohe Skistation hat Ullrich beste Erinnerungen. Im Jahr seines Toursieges 1997 gestattete er dort dem Franzosen Richard Virenque großzügig den Sieg und fuhr locker vor der Konkurrenz. Mit Hilfe seiner Physiotherapeutin und eines Akkupunkteurs sollen seine Schmerzen gelindert werden. «Es geht schon», versprühte auch Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage Zuversicht, obwohl die Konstellationen alles andere als günstig scheinen.

«Ich bin weiter optimistisch», meinte der im Moment auf Platz acht rangierende Ullrich, der die Sturzstatistik der diesjährigen Tour unangefochten anführt. Einen Tag vor Beginn der Tour am Atlantik war er bei einer Trainingsfahrt durch das Heckfenster seines Begleitwagens gestürzt und hatte dabei eine Schnittwunde am Hals davongetragen. «Ich hoffe, das war's jetzt mit meinen dramatischen Auftritten», sagte Ullrich, der weiter auf das hauseigene, starke Dreier-Team setzt: «Winokurow, Klöden und ich können Lance attackieren.»

Sein ganzes Augenmerk liegt weiter auf Rekordsieger Armstrong, vor seinem starken Team-Kollegen Alexander Winokurow fürchtet er sich nicht. «Versuche von außen, uns gegenseitig aufzuhetzen, werden nicht erfolgreich sein», erklärte der T-Mobile-Kapitän. Mehr oder weniger offen vertritt sein Freund Winokurow, der seinen Vertrag bei T-Mobile noch nicht verlängert hat und ein Angebot vom Armstrong-Team Discovery Channel prüft, eigene Ambitionen.

«Die Absprache in unserem Team ist klar: Für den Stärksten wird gefahren. Als ich 2003 in Paris als Dritter auf dem Treppchen stand, habe ich gemerkt, dass ich es eines Tages noch zwei Stufen höher schaffen kann. In diesem Jahr könnte es soweit sein», hatte Winokurow, der Olympia-Zweite von Sydney, in einem «L'Équipe»-Interview erklärt. Er hoffe, dass «unsere Freundschaft alles aushält», sagte Winokurow, der vor dem ersten «Wahrsager» im Hochgebirge nur 62 Sekunden hinter Armstrong liegt und im Augenblick einen 34 Sekunden-Vorteil gegenüber seinem Kapitän hat.


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