Berlin (dpa) - Hinter den Kulissen von Jan Ullrichs Mannschaft Bianchi rumort es. Am Wochenende oder Anfang der kommenden Woche sollen in Ullrichs Haus in Scherzingen am Bodensee die neuen Vertragsbedingungen geklärt werden.
Das kündigte Bianchi-Manager Jacques Hanegraaf (Niederlande) an, der zusammen mit seinem Teamchef Rudy Pevenage (Belgien) in die Schweiz reisen will.
Allerdings wusste Ullrich-Manager Wolfgang Strohband von diesem Termin noch nichts. Der Hamburger erklärte: «Wir erwarten jetzt kurzfristig ein konkretes Angebot. Wir haben einen Termin gesetzt, den ich aber nicht nenne.» Danach will sich Ullrich offensichtlich anderweitig umsehen. Hanegraaf behauptete, Ullrich habe bereits ein Vertragsangebot auf dem Tisch.
Der 29-jährige Rad-Olympiasieger, der bei der Tour de France mit Rang zwei ein viel beachtetes Comeback nach 14-monatiger Rennpause feierte, hatte bei seiner WM-Verzichtserklärung am vergangenen Wochenende in Nürnberg indirekt Kritik an seinem Rennstall geäußert. Eine Vertrags-Unterschrift hänge vom zukünftigen Bianchi-Budget ab, hatte Ullrich erklärt und gleichzeitig großes Interesse anderer Teams an ihm bestätigt.
«Jan hat seit längerer Zeit ein Angebot von uns vorliegen. Nur noch Details sind zu klären», sagte Hanegraaf, der auch am Mittwoch den dringend benötigten und lange angekündigten Co-Sponsor noch nicht präsentieren konnte. «Ich schätze, dass wir in zwei Wochen alles unter Dach und Fach haben und dann auch die Verträge mit den in Frage kommenden Verstärkungen gemacht haben. Unseren neuen Vertragpartner für die Zukunft werden wir nach der Vuelta öffentlich präsentieren», erklärte der Ex-Profi und jetzige Bianchi-Manager. Die am Samstag beginnende Spanien-Rundfahrt endet am 28. September.
Die letzten Äußerungen Ullrichs («Bei einem Tour-Sieg hätte ich aufgehört») hatten Hanegraaf nach eigener Aussage etwas verwirrt. «Wir wissen nicht, ob wir ihm jetzt nur einen Ein-Jahres-Vertrag anbieten sollen. Normalerweise sollte er noch drei Jahre fahren», sagte der Bianchi-Manager am Mittwoch. Zusammen mit dem bisherigen Geldgeber Bianchi, der sein Engagement aber unbedingt auf breitere Schultern verteilt sehen will, wollen Hanegraaf und Pevenage in der kommenden Saison auf einen Jahresetat von mindestens zehn Millionen Euro bauen können.
Der Bianchi-Manager deutete an, dass das Team in Zukunft nicht mehr mit einer deutschen Lizenz fahren könnte: «Vielleicht werden wir 2004 mehr ausländische als deutsche Fahrer haben». Das Bianchi-Team war im Mai in einer Nacht- und Nebel-Aktion aus dem bankrotten Coast- Team hervorgegangen. Um den kurzfristigen Fortbestand der neuen Formation zu sichern, hatten Ullrich und alle anderen Fahrer auf Teile ihrer in Coast-Zeiten zugesicherten Bezüge verzichten müssen. Diesem Sparzwang will Ullrich 2004 auf jeden Fall ausweichen.