Berlin (rad-net) - Am kommenden Mittwoch beginnen die Bahn-Weltmeisterschaften in Berlin. Die deutschen Sportlerinnen und Sportler gehen motiviert bei ihrer Heim-WM an den Start und wollen mit starken Ergebnissen gänzen. Patrick Moster, Sportdirekt im Bund Deutscher Radfahrer (BDR) spricht im Interview über Chancen und Ziele im Velodrom.
Was erwarten Sie von der deutschen Nationalmannschaft in Berlin?
Patrick Moster: Ganz wichtig ist uns die Absicherung der Olympia-Qualifikation. Im Omnium der Frauen werden wir in Tokio nicht antreten, aber in allen anderen Disziplinen liegen wir derzeit in einer guten Position. Die gilt es zu festigen, um die Startplätze zu sichern. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Mannschaftsverfolgung in im Teamsprint.
Neben dem Druck, vor heimischem Publikum gut abzuschneiden, kommt noch der Stress um die Olympia-Qualifikation hinzu. Da warten hohe Anforderungen an Ihren Kader.
Moster: Ja, aber es ist auch zusätzliche Motivation. Mit den bereits erfolgreich absolvierten Wettkämpfen im Velodrom [Europameisterschaft, Weltcup, Deutsche Meisterschaft, Anm. d. Red.] konnten unserer Sportlerinnen und Sportler individuellen Strategien zur Stressbewältigung erproben. Die WM ist der Höhepunkt dieser vier Events und die letzte und entscheidende Chance, sich für Tokio endgültig zu qualifizieren.
Der Teamsprint der Männer, lange Zeit ein Erfolgsgarant, kam in den letzten zwei Jahren etwas ins Straucheln. Im Sprint stand während der gesamten Weltcup-Saison kein Deutscher auf dem Treppchen. Der BDR hat auch nur einen Startplatz in der Paradedisziplin in Berlin. Reicht das, um bei der WM um die Medaillen zu kämpfen?
Moster: Ich denke nicht, dass wir im Sprint der Männer um die Medaillen mitfahren können. Dazu ist die Konkurrenz zu stark. Aber das ist momentan auch nicht unser Anspruch. Wir konzentrieren uns auf den Teamsprint und den Keirin-Wettbewerb und wollen dort die Leistungsfähigkeit unseres Kaders unter Beweis stellen.
Bei den Frauen ist die Ausgangsposition besser. Lea-Sophie Friedrich hat sich gut in die Eliteklasse eingefunden, aber vor allem Emma Hinze hat mit sechs Podiumsplätzen, darunter zwei Siege, im Keirin in Minsk und im Teamsprint mit Grabosch in Hongkong, ihre Position in der Weltspitze bestätigt. Was trauen Sie ihr in Berlin zu?
Moster: Es ist schon der Wahnsinn, wie sich diese drei entwickelt haben. Trotz des Karriereendes von Kristina Vogel nach ihrem tragischen Unfall und dem Rücktritt von Miriam Welte im vergangenen Jahr sind wir fähig, mit einer jungen Mannschaft in die Medaillenränge zu fahren. Sie werden uns in Berlin positiv überraschen.
Einen großen Aufwärtstrend verzeichnet der Vierer, vor allem bei den Frauen. Rekorde werden ständig verbessert. Was erwarten Sie in Berlin?
Moster: Eine Medaille bei den Frauen ist möglich, steht in Berlin aber nicht im Mittelpunkt. Vorrang hat die Absicherung der Olympia-Qualifikation. Wir werden daher kein Risiko eingehen. Das gilt auch bei den Männern.Wir sind mit der Qualifikation noch nicht durch, müssen mindestens achter werden, um sicher nach Tokio reisen zu können. Aber wir wollen - sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern – natürlich eine Topleistung aufrufen, vielleicht sogar mit einem neuen deutschen Rekord.
Bei der letzten WM gewann Deutschland einen Titel und holte insgesamt sechs Medaillen. Wie viele werden es in Berlin? Oder ist das mit Blick auf die Olympia-Qualifikation nicht wichtig?
Moster: Natürlich wollen wir Medaillen gewinnen. Das ist immer ein Ziel. Dafür leben die Sportler. Aber wir werden sie nicht mit irgendwelchen Vorgaben unter Druck setzen. Neben den genannten Disziplinen haben wir sicherlich in der Einerverfolgung sowohl bei den Männern als auch bei den Frauen gute Medaillenchancen und hoffen im Madison auf eine erfolgreiche Titelverteidigung von Roger Kluge und Theo Reinhardt, die vor heimischem Publikum sicher besonders motiviert sind.