Bretten (dpa) - Der Bund Deutscher Radfahrer (BDR) muss sich auch im Fall Udo Sprenger an seinen eigenen, hohen Ansprüchen im Anti-Doping-Kampf messen lassen. Gegen den Verbands-Vize laufen staatsanwaltliche Ermittlungen.
Die Staatsanwaltschaft Wiesbaden ermittelt gegen Sprenger in Zusammenhang mit dessen Klage gegen einen vom Fernsehen präsentierten unbekannten Ankläger. Sprenger nimmt seine Aufgaben als zweithöchster Repräsentant des Dachverbandes, der sich den Anti-Doping-Kampf so plakativ auf die Fahnen schrieb, aber weiter wahr. «Der BDR-Vorstand hat mir einstimmig sein Vertrauen ausgesprochen», sagte Sprenger der deutschen Presse-Agentur dpa.
Der Funktionär war am 25. Juni in einer ARD-Fernsehsendung durch einen anonymen Zeugen beschuldigt worden, in seiner Zeit als Teamchef des Teams Nürnberger Schwarze Kassen für die Beschaffung von Doping-Mitteln geführt zu haben. Daraufhin hatte der Verantwortliche des Verbandes für die Aufstellung der WM-Mannschaft Anzeige gegen unbekannt erstattet. In dieser Sache gibt es laut einer Mitteilung des BDR, der beim Thema Doping nicht durch besondere Sensibilität auffällt, keine neuen Erkenntnisse.
«Das Verfahren gegen mich musste auf Grund der öffentlichen Vorwürfe routinemäßig eingeleitet werden», erläuterte Sprenger in einer Pressemitteilung des Verbandes. Vorher hatte der pensionierte Kriminalbeamte (Drogen-Dezernat) die laufenden Ermittlungen gegen ihn bestätigt. Auch bei der Deutschland-Tour widmete er sich unterdessen seiner Aufgabe, die Nationalmannschaft für die WM im September in Stuttgart zusammenzustellen. Er verhandelte unter anderen mit Hans-Michael Holczer, dem Manager des Teams Gerolsteiner.
Sprenger ist nicht die einzige Personalie, die den BDR belastet, der erst kürzlich die Finanzierung der WM auch gegen Widerstände aus dem Bundesinnenministerium durchsetzte. Bei der nächsten Präsidiumssitzung soll unter dem Vorsitz von Rudolf Scharping - zur Zeit in Badeurlaub auf Mallorca - endlich der WM-Einsatz von Andreas Klöden und Erik Zabel geklärt werden. Die Sitzung findet am 29. August in Frankfurt statt. «Ich bin für einen absoluten Neuanfang auch im Hinblick auf die nächsten Olympischen Spiele in Peking und London. Wir können nicht Altlasten mit uns herumschleppen, die die Glaubwürdigkeit des Radsports weiter belasten», sagte BDR-Vize Dieter Kühnle der Deutschen Presse-Agentur dpa.
Vize-Weltmeister Zabel ist seit seiner Doping-Beichte als WM-Starter für Stuttgart fragwürdig. Zumal nach seinem Olympia-Verzicht für Peking, den er selbst damit begründete, sein eigenes Team «nicht belasten» zu wollen. Klöden fährt für das umstrittene Astana-Team, das vier Doping-Fälle in den vergangenen zwei Monaten zu beklagen hatte. Die Beichten zahlreicher Fahrer und Ärzte sprechen dafür, dass auch in seinem früheren Team Telekom Doping flächendeckend betrieben wurde. Klöden leugnete stets jede Mitwisserschaft und attackierte während der für ihn nach dem Team-Rückzug vorzeitig zu Ende gegangenen Tour de France den Doping-Geständigen Jörg Jaksche.
Überprüft das Internationale Olympische Komitee (IOC) wie angekündigt die Umstände des Olympiasieges seines Freundes Jan Ullrich in Sydney, könnte auch Klöden noch Ungemach drohen. Zusammen mit Ullrich und dem wegen Blut-Dopings inzwischen arbeitslosen Alexander Winokurow stand er vor sieben Jahren nach dem Straßenrennen mit der Bronzemedaille um den Hals auf dem Treppchen. Alle drei Medaillen-Gewinner fuhren für das Telekom-Team.
Fakt ist aber auch, dass gegen Klöden, der nach eigenem Bekunden bis zum plötzlichen Tour-Aus 14 Mal getestet wurde, nie konkret etwas vorlag.