Frankfurt/M. (rad-net) - Sprinter René Wolff war bei den Olympischen Spielen von Athen mit Gold im Teamsprint, Bronze im Sprint und dem vierten Platz im Keirin der erfolgreichste deutsche Radsportler. Was sich der 26 Jahre alte Thüringer, der mit seiner Familie in Erfurt lebt, für die WM vorgenommen hat, erzählt er in diesem Interview.
Nach den Olympischen Spielen wurde über Ihr Karriere-Ende spekuliert. Was war dran an den Gerüchten?
René Wolff: „Ich habe darüber nachgedacht, weil ich im Sport bisher nie die Sicherheit hatte, langfristig über mehrere Jahre planen zu können. Doch dann hat sich mir im Sprintteam Erfurt genau diese Möglichkeit eröffnet. Ich habe einen Vertrag abgeschlossen, der bis 2008 meine Pläne im Sport und an der Universität mit dem Philosophie- und Literaturstudium berücksichtigt. Jetzt gibt es keine Notwendigkeit mehr, über ein Ende der Sprinter-Karriere nachzudenken.“
War es schwierig, nach der ungerechten Behandlung im olympischen
Keirin-Finale, als sie vom dritten auf den vierten Platz zurückgestuft wurden, die Motivation fürs Training wieder zu finden?
„Das Keirin-Finale war im ersten Moment ärgerlich, aber die anderen beiden Medaillen haben es natürlich erleichtert damit umzugehen. So hat mich das die ersten Tage danach geärgert, aber mittlerweile ist es mir egal.“
Wie lange hat es nach Athen gedauert, bis Sie wieder das reguläre Training aufgenommen haben?
„Lange, weil Olympia ein Höhepunkt war, auf den ich vier Jahre lang konsequent hingearbeitet habe. Danach habe ich erstmal drei Monate Pause gemacht. Ich habe natürlich immer ein bisschen Sport getrieben, aber so richtig ins Training eingestiegen bin ich erst Anfang Dezember.“
Und wie ist Ihre Vorbereitung auf die Weltmeisterschaften verlaufen, die in diesem Jahr zum ersten Mal bereits im März stattfinden – nach einem kompletten Weltcup im Winterhalbjahr?
„Die Vorbereitung war schon deshalb nicht einfach, weil die Zeit zwischen Olympia und der WM relativ kurz war. Dazu kommt die Pause, die ich nach Athen brauchte. In Los Angeles wird man sehen, wie sich diese kurze Trainingsphase ausgewirkt hat. Außerdem war unser Trainingslager auf Mallorca bei Temperaturen zwischen fünf und zehn Grad auf einer offenen Bahn nicht optimal.“
Können Sie unter diesen Voraussetzungen einschätzen, wie die eigene Form ist?
„Schwer, weil die Trainingszeiten von Mallorca kaum mit anderen Werten zu vergleichen sind. Wo wir wirklich stehen, erfahren wir erst am Donnerstag, wenn die Teamsprint-Qualifikation beginnt. Trotzdem sind wir optimistisch, weil das grundsätzliche Leistungsvermögen da ist.“
Was haben Sie sich für die WM vorgenommen?
„Als Olympiasieger im Teamsprint streben wir natürlich eine Medaille an. Aber wir wissen, dass es fünf oder sechs Mannschaften gibt, die gewinnen können. Es wird garantiert wieder eng werden. In den Einzeldisziplinen will ich entweder im Sprint oder im Keirin auf jeden Fall eine Medaille gewinnen.“
Es ist die erste WM ohne Dreifach-Olympiasieger Jens Fiedler. Wer hat seine Rolle als Chef in der Mannschaft übernommen?
„Ich glaube nicht, dass jemand diese Rolle übernehmen muss. Früher war Jens halt die Führungspersönlichkeit. Jetzt sind wir vier Mann, die relativ gleichwertig sind, was Erfahrung und Leistungsfähigkeit betrifft, ohne dass jemand die Kapitänsbinde trägt.“
Jens Fiedler war Jahre lang die Galionsfigur des deutschen Radsprints. Sind Sie sein Nachfolger?
„Jens hat seinen ganz eigenen Weg beschritten. Ich werde meinen Weg weiter gehen. Inwiefern das dann vom Publikum honoriert wird, werden wir sehen. Für mich ist es wichtig, dass ich sportlichen Erfolg habe und es meiner Familie gut geht. Der Rest wird sich entwickeln.“
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