Berlin (dpa) - Vor der Tour de France 2007 drängen Doping-Vorwürfe und Verdächtigungen das sportliche Geschehen in den Hintergrund. Seit den Geständnissen von Erik Zabel & Co hat das Fernsehen die Notbremse gezogen und will nur noch von einem «sauberen Radsport» live berichten.
Sollten bei der 94. Tour vom 7. bis 29. Juli wie im vergangenen Jahr mit den Fällen Jan Ullrich, Ivan Basso und Floyd Landis wieder Skandale das Rennen überschatten, drohen ARD und ZDF mit einem Abbruch der Live-Berichterstattung. Doch noch ist es nicht so weit. Nach den bisherigen Planungen wollen die Öffentlich-Rechtlichen fast 90 Stunden live von der Frankreich-Rundfahrt berichten. Die ARD überträgt mit dem Prolog in London elf Etappen, das ZDF sendet einschließlich des großen Endspurts und der Siegerehrung in Paris an 10 Tagen live von der Tour.
Die Sender haben den Druck auf die Veranstalter erhöht. Das ZDF will nur dabei sein, wenn die Organisatoren sichere Kontrollen nachweisen. Bei Vorfällen während des Rennens könnte die Berichterstattung abgebrochen oder stark eingeschränkt werden, wie ein Sprecher des Senders sagte. Doch nach der jüngsten Initiative des Weltverbands UCI für eine Antidoping-Selbstverpflichtung der Fahrer wolle man «dem Radsport noch eine Chance geben und ihn bei der Aufarbeitung der Vergangenheit» unterstützen.
Auch die ARD, deren enge Verbindung zum Radsport in der Vergangenheit auf heftige Kritik gestoßen war, hat Konsequenzen gezogen. Der Sender-Verbund war mehrere Jahre Sponsor des Radsport- Teams von Telekom und hatte Tour-Sieger Jan Ullrich exklusiv unter Vertrag. Zum ARD-Team 2007 gehört nun Doping-Experte Hajo Seppelt. Von den langjährigen Kommentatoren Jürgen Emig und Hagen Boßdorf, denen eine zu enge Verbindung zu Ullrich nachgesagt wurde, hatte sich die ARD bereits vorher getrennt. Auf der ARD-Internet-Seite zur Tour (http://tour.ard.de) wurde ein «Doping-Webmagazin» geschaltet. Auch das ZDF hat einen Doping-Schwerpunkt im Online-Angebot.
Konsequenzen hat auch Teamsponsor T-Mobile gezogen. Die Telekom- Tochter tritt nicht mehr als «Presenter» der Tour auf und will nur klassische Werbespots schalten. Das eingesparte Geld will T-Mobile in den Kampf gegen Doping investieren. Andere Firmen wollen angesichts der Doping-Vorwürfe ganz auf die Tour als Werbeträger verzichten.
«Das Geschäft läuft den Umständen entsprechend, wir können noch was gebrauchen», sagt Christoph Lüken vom ZDF-Werbefernsehen. Dabei geht der Sender von einem weiterhin starken Interesse der Zuschauer auch bei einer potenziellen Skandal-Tour aus. Selbst 2006, als Ullrich einen Tag vor dem Start ausgeschlossen wurde, sahen durchschnittlich 1,8 Millionen zu. Das entspricht einer Quote von 16,1 Prozent.
Auch an der ARD, die wie das ZDF täglich 20 Minuten Werbung für die Tour eingeplant hat, geht der Skandal nicht spurlos vorbei. «Die Buchungen laufen verhalten», sagt Claudia Scheibel von der ARD- Werbung Sales & Services GmbH. Einen möglichen Knick bei den Werbeeinnahmen sieht Scheibel gelassen. Ohnehin liege der Umsatz- Schwerpunkt im Vorabendprogramm. Preisnachlässe wegen des Dauerthemas Doping werde es für die Tour nicht gegen. Bereits Werbezeiten gebucht hätten Firmen aus den Branchen Unterhaltungselektronik, Telekommunikation und Getränke. Dreißig Sekunden Werbung während der Tour kosten bei den Sendern zwischen etwa 4500 und 17 000 Euro.