Tours (dpa) - Leichte Verzögerungen leistete sich Erik Zabel nur bei der obligatorischen Doping-Kontrolle nach dem Rennen. Davor war der 35-jährige Berliner bei seiner letzten Dienstfahrt für T-Mobile auf der Avenue de Grammont in Tours so schnell wie wohl nie in dieser Saison.
Mit seinem dritten Sieg beim Herbstklassiker Paris-Tours nach 1994 und 2003 feierte er nach 13 erfolgreichen Jahren in Magenta einen Abschied de Luxe. Bei seinem Arbeitgeber löste er mit dieser nicht unbedingt erwarteten Punktlandung nach einer für ihn weniger befriedigenden Saison gemischte Gefühle aus. Ab 1. Januar 2006 steht Zabel den Bonnern nicht mehr zur Verfügung, weil er sein Karriere-Finale beim neu gegründeten Milram-Team bestreiten wird.
«Die ersten 12 Jahre waren eine einzige Party. Das letzte Jahr war nicht ganz so einfach», zog Zabel eine kleine Bilanz und ließ dabei noch einmal seine Verärgerung über die Nicht-Nominierung zur vergangenen Tour de France anklingen, die auch mit ein Grund für den Team-Wechsel - neben fürstlichem Salär für die nächsten drei Jahre - war. Sein neuer Arbeitgeber freute sich natürlich über die Reverenz des Sieges bei der 85. Austragung von Paris-Tours, mit der er seinen Dienst antreten wird. «Das war eine tolle Empfehlung für die zukünftige Zusammenarbeit und das beste, was ihm und uns passieren konnte», frohlockte Vorstands-Chef Stephan Tomat, der sein Milram- Team im Januar präsentieren wird. «Ich freue mich auf die neue Herausforderung und will da weitermachen, wo ich heute aufgehört habe», sagte Zabel.
Seine aktuellen Team-Kollegen warteten am Sonntag fast zwei Stunden, um ihrem Kapitän am Mannschaftsbus ausführlich gratulieren zu können. Seine Kumpels Andreas Klier, der 36-jährige Rolf Aldag, der in Tours sein letztes Rennen bestritt, und sein Chef Walter Godefroot - demnächst Rentner - nahmen ihn noch einmal in den Arm. In etwas anderer Form soll Zabel auch von seinem alten Arbeitgeber nach der Saison gewürdigt werden. Allein die Aufzählung seiner Glanztaten der vergangenen 13 Jahre - sechs Mal Grünes Trikot bei der Tour, neun Klassiker-Erfolge, Weltcup-Gesamtsieg, 12 Etappensiege bei der Tour, Vize-Weltmeisterschaft - wird bei der Laudatio einige Zeit in Anspruch nehmen.
«Walter Godefroot würde sagen: Das war ein Rennen wie jedes andere. War es aber wohl nicht», meinte Zabel, dem auf der Avenue de Grammont nach 253 Kilometern auch Tour-Chef Jean-Marie Leblanc herzlich gratulierte. Einmal während des Rennens hätte Zabel nach eigener Aussage daran gedacht: «Das wäre cool: Ein Sieg zum Abschied, wenn Walter zum letzten Mal im Begleitwagen sitzt.» Aber als die beiden letzten Ausreißer Stejn Devolder und Philippe Gilbert aus Belgien 5 Kilometer vor dem Ziel noch fast 40 Sekunden Vorsprung hatten, glaubte Zabel kaum noch an die Erfüllung seines Traumes.
In Maßarbeit - allerdings auf den letzten Kilometern ohne T-Mobile-Beteiligung, weil Zabel auf sich alleine gestellt war - wurden die beiden 250 Meter vor dem Zielstrich noch neutralisiert. Der Berliner, der in dieser Saison bisher nur am 1. Mai in Frankfurt einen hochkarätigen Sieg einfuhr, hatte dann «ein gutes Gefühl, weil ich die Zielgerade sehr gut kenne.» Er erwischte das richtige Hinterrad des italienischen Saison-Aufsteigers Daniele Bennati und hechtete wie in besten Zeiten als Erster mit Zentimeter-Vorsprung ins Ziel.