Fromentine (dpa) - Die 92. Tour de France ist für viele ein Abschiedsrennen. Lance Armstrong fährt zum letzten Mal, Tour-Direktor Jean-Marie Leblanc übergibt die Geschäfte an Christian Prudhomme und Walter Godefroot räumt am Saisonende den Chefsessel beim T-Mobile-Team.
Er übergibt seine Aufgaben im Management an Olaf Ludwig. 40 Jahre Tour de France als Fahrer und sportlicher Leiter: Godefroot zog an seinem 62. Geburtstag im Mannschafts-Quartier in Saint-Jean-de-Monts eine zufrieden stellende Bilanz. Auch wenn die bescheidenen Zeitfahr-Leistungen seiner beiden deutschen Topfahrer Jan Ullrich und Andreas Klöden nicht gerade ideale Geburtstagsgeschenke darstellten.
«Es gibt viel mehr schöne Erinnerungen als schlechte. Die Entwicklung von Olaf Ludwig und Erik Zabel war interessant, der erste Toursieg 1996 mit Bjarne Riis, der totale Triumph 1997, als wir das Gelbe Trikot, das Grüne und die Teamwertung gewannen. Die schlimmste Erfahrung im Rückblick war sicher unsere Nicht-Nominierung 1995, als wir nur mit einem Mixed-Team zusammen mit den Italienern von ZG Mobili zugelassen wurden. Der Sponsor stand kurz davor, auszusteigen», erzählte Godefroot, der auch nach 14 Jahren in Bonner Diensten immer noch den manchmal schwer zu dechiffrierenden Mix aus deutsch und flämisch spricht.
Die markanteste Tour de France für den aktiven Rennfahrer Godefroot, der 1969 Paris-Roubaix und zwei Mal die Flandern-Rundfahrt gewann, fand 1970 statt: «Da holte ich das Grüne Trikot und spurtete nach einer Bergetappe mit van Impe und Merckx um den Sieg.» Zwei Jahre davor sorgte der Sprint-Spezialist (zehn Tour-Etappensiege) mit dafür, dass sein Landsmann van den Berghe 14 Tage im Gelben Trikot fuhr. Damals waren Nationalmannschaften am Start und der Gesamtsieger Jan Janssen kassierte 20 000 Francs.
«Es gäbe natürlich kein schöneres Abschiedsgeschenk als das Gelbe Trikot. Steffen Wesemann hat im April schon bedauert, dass er mir beim letzten Paris-Roubaix meiner Amtszeit nicht den Sieg präsentieren konnte», sagte Godefroot, der allerdings nach Ullrichs verpatztem Tour-Auftakt vergeblich auf ein schönes Präsent hoffen könnte. Im Vorjahr war der Belgier, der vor seiner Karriere als Teamleiter ein Restaurant der gehobenen Klasse führte, der einzige aus dem Umfeld des Toursiegers von 1997, der sich traute, den Star öffentlich zu kritisieren. Nicht erst seitdem ist das Verhältnis der beiden etwas abgekühlt.
«Zu den Rennen werde ich im nächsten Jahr nur noch selten kommen», sagte Godefroot. In seiner neu gewonnenen Freizeit will er sich ab 2006 endlich auf sein schweres Motorrad setzen, das seit einem Jahr unbenutzt in der Garage steht. «Ich will auch wieder ein bisschen Rad fahren», sagte der Belgier. Das Fahrradgeschäft in Gent hat er seinen Söhnen übergeben und noch mindestens ein Jahr wird er Verantwortung für das umfangreiche Material-Depot des T-Mobile-Teams übernehmen.