Brest (dpa) - Wenn Emanuel Buchmanns Chef auf die Spiele der Fußball-Europameisterschaft blickt, keimt Hoffnung auf.
«Der Fußball ist immer ein Vorreiter. Ich freue mich, wenn ich so etwas sehe, dass bei der Fußball-EM größtenteils schon wieder Normalität herrscht. Ich hoffe, dass es dann auch beim Radsport möglich ist», sagte Teamchef Ralph Denk vom Radrennstall Bora-hansgrohe vor dem Start der Tour de France der Deutschen Presse-Agentur.
Maske, Abstand, Team-Blase, ständige PCR-Tests - Denk sehnt das Ende der «kräftezehrenden» Maßnahmen herbei. Doch gar so schnell wird es nicht gehen. Hunderttausende Radsport-Fans an den Rampen des Mont Ventoux sind wohl noch nicht drin. Wenn sich am Samstag in der Hafenstadt Brest die Tour-Karawane in Bewegung setzt, soll das im Vorjahr erfolgreiche Corona-Protokoll wieder greifen. «Es wird Masken geben, eine Begrenzung der Zuschauerzahlen, Social Distancing und es werden PCR-Tests gemacht werden müssen, auch wenn die Fortschritte bei der Impfkampagne uns hoffen lassen, dass dieses Rennen ungetrübter sein wird», erklärte Tour-Chef Christian Prudhomme.
Im Klartext heißt das: Alle Fahrer werden jeweils zweimal vor dem Tour-Start sowie am ersten und zweiten Ruhetag getestet. Das gilt auch für das direkte Umfeld. Dieser Tross soll sich in einer sogenannten eigenen Blase bewegen. Eine zweite Blase umfasst die Entourage (Organisation, Medien, etc.) und die Öffentlichkeit stellt den dritten Bereich dar. Diese sogenannten «Bubbles» sollen nicht miteinander in direkten Kontakt treten.
Im vergangenen Jahr hat das weitgehend funktioniert. Kein Fahrer wurde positiv getestet, einziger prominenter Corona-Fall war bezeichnenderweise Prudhomme selbst, der das Rennen für gut eine Woche verlassen musste. Bei zwei Positivfällen hätte ein Team das Rennen beenden müssen. Dieses Mal soll die Regelung laut Denk «nicht so in Stein gemeißelt sein.» Es wird wohl auch die Möglichkeit von Nachtests geben. «Es wäre fatal, wenn Leute heimgeschickt werden, die nicht an Corona erkrankt sind», sagte Denk.
Im vergangenen Jahr - die Tour 2020 wurde erst Ende August gestartet - war die zweite Corona-Welle bereits im Gange. Viele Regionen in Frankreich wurden vor oder während des Rennens zu Risikogebieten erklärt. Dieses Mal spielt der frühere Zeitpunkt den Organisatoren in die Karten. Die Corona-Neuinfektionen schießen auch in Frankreich nach unten. Der Inzidenzwert lag zuletzt bei 25,2, im Dèpartement Finistère mit dem Startort Brest sogar etwas darunter.
Entsprechend wird auch in Frankreich gelockert. Die Sperrstunde ist seit Sonntag aufgehoben, auch die generelle Maskenpflicht im Freien. Ende Juni sollen weitere Lockerungen folgen, bis dahin dürfen bei Sportveranstaltungen im Freien maximal 5000 Menschen zusammenkommen. Entsprechend werden die Zuschauerzahlen im Start- und Zielbereich begrenzt. «Ich gehe davon aus, dass schon wieder mehr Leute an der Strecke sein werden. Dann ist hoffentlich im nächsten Jahr wieder alles so, wie es früher war», sagt Buchmann.
Die deutsche Rad-Hoffnung hat sich mit den Einschränkungen arrangiert, irgendwie lebten die Fahrer während der Tour ohnehin schon immer in ihrer eigenen Welt. Kollege Simon Geschke sieht deshalb als einzig guten Nebeneffekt von Corona, dass es «ein wenig stressfreier für die Fahrer» ist. «Man hat zu weniger Leuten Kontakt, im Ziel und am Start ist weniger los», sagte Geschke der dpa. «Aber natürlich hat einem dieser Zirkus auch immer ein bisschen gefallen. Im letzten Jahr kam größtenteils keine Tour-Stimmung auf. Ich hoffe, dass das jetzt anders wird.»