Aigle (rad-net) - Die UCI hat verkündet, dass ihre Ethikkommission in Zukunft Individuen sanktionieren darf, ohne zuvor die einzelnen Fälle an die Disziplinarkommission weiterleiten zu müssen. Der internationale Dachverband will mit diesem Schritt die Transparenz der einzelnen Fälle fördern, sowie Länge und Komplexität der Verfahren reduzieren. Zeitgleich gab die UCI bekannt, dass in Zukunft auch Kläger über den aktuellen Stand von Verfahren aufgeklärt werden dürfen.
«Um die Dauer und Komplexität der Verfahren, die wegen Verstößen gegen den Ethik-Code eingeleitet werden, zu reduzieren, hat die UCI beschlossen, ihre Ethikkommission mit vollen Sanktionsbefugnissen auszustatten», erklärte der Verband nach seiner monatlichen Sitzung des Managementkomitees. Zukünftig müsse der Ethikrat die Fälle also nicht mehr an die Disziplinarkommission weiterleiten.
Die Entscheidung resultierte jetzt aus dem Verfahren gegen Marc Bracke, Sportmanager von Dolticini-Van Eyck, der vergangenes Jahr von zwei Fahrerinnen wegen sexueller Belästigung gemeldet worden war. Demnach soll der Manager beide Frauen dazu aufgefordert haben, ihm Fotos in Unterwäsche und im Bikini zukommen zu lassen, woraufhin die UCI-Ethikkommission einen Bruch des Ethikkodexes feststellte. Trotz dieser Einschätzung vergangenen Oktober, durfte Bracke in seiner Position bei der Mannschaft verbleiben, nachdem die Disziplinarkommission bislang keine endgültige Entscheidung gefällt oder Strafe verkündet hat.
Mit der neuen Regelung zur Erteilung von Sanktionen, hat die UCI nun den Prozess bis zur Urteilsfindung verkürzt, indem auch die Ethikkommission künftig «präventive, erzieherische oder strafende» Maßnahmen verhängen darf: «Der Kodex sieht nun verschiedene Maßnahmen und Sanktionen vor, die von der Ethikkommission verhängt werden können, darunter vorläufige Sanktionen, präventive und/oder Zwangsmaßnahmen zur Vermeidung von Interessenkonflikten und ausgesetzte Sanktionen, die von erzieherischen Maßnahmen begleitet werden können.»
Neben der vollen Sanktionsbefugnis der Ethikkommission hat die UCI außerdem beschlossen, dass auch die Kläger demnächst ein Recht auf Informationen bezüglich ihres Falls haben sollen: «Diese Informationspflicht umfasst auch Informationen über die Entscheidung und deren Erwägungen, soweit die Beschwerdeführer von den relevanten Tatsachen unmittelbar betroffen sind.»
Mit den verkündeten Entscheidungen folgt die UCI dem neuen «Integritätsprogramm», das zukünftig «alle Formen des Missbrauchs (vor allem sexuelle Belästigung) im Radsport» verhindern und bestrafen soll. Das Programm sieht dazu auch die Möglichkeit vor, in Zukunft anonyme Klagen gegen «unangemessenes Verhalten» einreichen zu können, sowie die Ernennung eines Education-Managers bis September 2021. Dieser soll anschließend nicht nur das Meldesystem koordinieren und überwachen, sondern auch für die Bildung in Sachen Ethikfragen in allen Disziplinen verantwortlich sein: «Die UCI erkennt die Bedeutung der Ausbildung für jede Aktivität im Zusammenhang mit Integrität an und ist der Ansicht, dass die Ernennung einer Referenzperson für die verschiedenen betroffenen Parteien, die sich diesem Bereich widmet, einen bedeutenden Schritt nach vorne darstellt.»