München (rad-net) - Genau heute vor 110 Jahren ist Thaddäus Robl, der erste große Radsportheld und Mitbegründer des Booms des Radsports als Zuschauermagnet in Deutschland, gestorben. Er kam tragischer Weise bei einem Flugzeugabsturz ums Leben.
Robl wurde am 22. Oktober 1877 im bayerischen Marzling bei Freising als Sohn eines Steinmetzmeisters geboren. Als Kind erkrankte er, wie es in zeitgenössischen Quellen heißt, an Gehirntyphus, durch den er teilweise gelähmt war. Doch Robl erholte sich als Jugendlicher und begann mit dem Radfahren - zunächst heimlich auf dem Hochrad seines Vaters, schließlich bekam er ein eigenes Niederrad. Im Alter von 17 Jahren schloss sich Thaddäus Robl dem Radlerclub Isarau 1894 an und bestritt sein erstes Radrennen, aber nicht als Rennfahrer, sondern als Schrittmacher von Bernhard Kühne bei der Fernfahrt Basel-Kleve über mehr als 620 Kilometer. Bald darauf fuhr Robl bei Wien-Salzburg als Dritter seine erste eigene Podestplatzierung ein, auch bei dem großen Klassiker Bordeaux-Paris kam er 1898 auf den dritten Rang. Seine Spezialität waren aber die Steherrennen, oder Dauerrennen wie sie damals noch hießen.
Schließlich wechselte Robl auf die Bahn und nachdem er 1897 seine erste Rennen hinter Schrittmachern bestritt, war er von da an nicht mehr zu halten. Nach der Jahrhundertwende war er einer der größten Sportstars Deutschlands, vielfache Stürze und schwere Verletzungen hielten ihn nicht auf. Thaddäus Robl war durch Siege bei etlichen Rennen der absolute Großverdiener unter den Radsportlern. Bis zu seinem Karriereende 1909 fuhr er durch Preisgelder bei Rennen über 325.000 Goldmark - was heute ungefähr 2 Millionen Euro entsprechen würde - ein; und Robl war in der damaligen Zeit einer der wenigen Privilegierten, die ein Auto besaßen, und zwar einen Opel. Zweimal (1901 und 1902) wurde Robl Steher-Weltmeister der Profis und fünfmal Europameister (1901-1904 und 1907). Die Deutsche Steher-Meisterschaft konnte Robl hingegen nur ein einziges Mal im Jahre 1908 gewinnen.
Die Popularität Thaddäus Robls in Europa war für damalige Verhältnisse unfassbar. Wenn der mehrfache Welt- und Europameister am Start stand, waren die Tribünen prall gefüllt und seine Anhänger drängten sich vor der Umkleidekabine, um einen Blick auf ihn zu erhaschen. Selbst Kaiser, Könige und Prinzen wollten ein Foto zusammen mit Robl haben. Er galt als wissbegierig und tüftelte selber daran, wie er noch schneller hinter dem Motor fahren konnte, arbeitete mit an den Motoren und den Schrittmacheranzügen. Geradezu ein Kontrast dazu bildete, dass er bis zum Schluss seiner Karriere auf zweisitzige Schrittmachermotoren setzte, obwohl Konkurrenten schon auf die modernen Einsitzer umgestiegen waren.
Wie viele Radsportler dieser Tage, wandte sich auch «Thaddy» Robl nach seiner Radsport-Karriere 1909 dem Flugsport zu und betätigte sich Kunstflieger - das sollte ihm schließlich zum Verhängnis werden. Bei einer Flugshow in Stettin am 18. Juni 1910 stürzte Robl im Alter von 32 Jahren mit seinem Farman-Doppeldecker bei böigem Wind aus rund 20 Metern Höhe ab und wurde so das erste Opfer des deutschen Motorflugsports.
Thaddäus Robl blieb auch nach seiner Beerdigung am 26. Juni auf dem Alten Münchner Südfriedhof als der erste große deutsche Steher-Star in den Erinnerungen. Heute ist Robl ein Straßenname im Münchner Stadtteil Milbertshofen gewidmet.
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