Frankfurt (rad-net) - Die Kunstradfahrer starten am Samstag mit dem Weltcup in Frankfurt-Höchst in ihre Saison. Bundestrainer Dieter Maute erwartet dort eine Standortbestimmung und bereits gute Leistungen, weiß aber auch, dass noch Luft nach oben ist. Dennoch sind die Deutschen die Topfavoriten. Höhepunkt ist aber erst die Weltmeisterschaft im August in Glasgow (Großbritannien). Im Interview spricht der Albstäder außerdem über die Schwierigkeiten im Nachwuchsbereich sowie die Anerkennung seines Sports.
Ende April startet die Weltcup-Saison. Wie fit sind Ihre Athleten?
Dieter Maute: Ich habe die meisten Athleten seit März nicht mehr gesehen und werde mir erst in Höchst ein Bild machen können. Der Weltcup ist der Auftakt in die Saison, eine erste Standortbestimmung. Die Athletinnen und Athleten befinden sich im Leistungsaufbau, daher werden wir nicht am Weltrekord kratzen. Aber ich gehe davon aus, dass wir solide Leistungen sehen werden, die aber noch Potential nach oben haben.
Beim ersten Weltcup haben Sie Heimspiel. Er findet in Frankfurt-Höchst statt. Wie vorteilhaft ist das?
Maute: Der große Vorteil ist, dass wir keinen Reisestress haben. Da die Saison in diesem Jahr durch die terminlich vorgezogene Weltmeisterschaft sehr engmaschig läuft, sind kürzere Anreisewege zu den Wettkämpfen von den Athletinnen und Athleten sicherlich gern gesehen.
Wie beurteilen Sie die Leistungsentwicklung im Kunstradsport? Die Deutschen sind seit Jahren Weltklasse, ist es da überhaupt möglich, das Niveau noch mehr zu steigern?
Maute: Wir müssen uns ständig dafür rechtfertigen, auf einem hohen Level zu sein. Dabei schaffen wir es immer wieder, Talente gut auszubilden und in allen Disziplinen des Kunstradsports in die Region des Weltrekords zu stoßen. Unser Niveau ist hoch, aber unseren Sportlerinnen und Sportler gelingt es, sich immer noch zu steigern, was die Weltrekorde der letzten Jahre in verschiedenen Disziplinen beweisen.
Und was sagen Sie Leuten, die kritisieren, die deutschen Hallenradsportler seien deshalb so gut, weil die internationale Konkurrenz so schwach ist?
Maute: Auch in anderen Sportarten gibt es dominierende Nationen. Die Niederländer dominieren den Eisschnelllauf, die Chinesen Tischtennis, die USA und Jamaika haben die besten Sprinter und die deutschen Rodler sind auch Weltmarktführer. Ihre Leistungen werden weltweit beachtet. Das würde ich mir auch im Hallenradsport wünschen, zumal wir uns, wie schon erwähnt, im Bereich der Weltrekorde bewegen. Das spricht doch für sich!
Wie motivieren Sie Sportler, die sowieso immer alles gewinnen, wie Weltmeister Lukas Kohl. Ist das nicht unglaublich schwer?
Maute: Athleten wie Lukas Kohl muss ich nicht mehr motivieren, das schafft er aus eigenem Antrieb heraus. Er bringt herausragende Leistungen, auf maximalem Niveau. Meine Aufgabe ist deshalb eher darauf gerichtet die nachfolgenden Generationen auf dem Weg zu einem solchen Niveau zu begleiten.
Deutschland ist die führende Nation im Hallenradsport, speziell im Kunstradsport. Wie sieht es mit Nachwuchssportlern aus? Spüren Sie auch den demografischen Wandel?
Maute: Ja, auch der Hallenradsport hat sehr zu kämpfen, wie alle anderen Sportarten auch. Wir haben in der Corona-Krise viele Sportler verloren, und noch schlimmer, auch viele Trainer. Dadurch ist in den Vereinen eine Lücke entstanden, den Nachwuchs optimal auszubilden. Wir müssen es deshalb schaffen, wieder Trainer in den Vereine zu motivieren und mit diesen dann eng zusammenarbeiten, damit sie ein Talent an die internationale Spitze führen können.
Für die Europameisterschaft, die im Juni stattfinden soll, wurde noch kein Ausrichter gefunden. Auch für die Deutsche Meisterschaft der Elite fand sich erst sehr spät jemand. Woran liegt das?
Maute: Es gibt insgesamt Probleme bei den Ausrichtern. Das liegt meiner Meinung nach daran, dass in der Corona-Zeit viel verloren gegangen ist, das Engagement nachgelassen hat. Viele Vereine haben auch zu wenig Kenntnis darüber, was zur Ausrichtung eines großen Events nötig ist. Wir hatten bei der UEC eine Verlegung der EM in den Herbst beantragt, aber dem wurde nicht entsprochen. Wobei es sicherlich die bessere Strategie gewesen wäre, diese Titelkämpfe im Umfeld des Weltcupfinals zu veranstalten. Für die Deutsche Elite-Meisterschaft konnte ja jetzt doch ein Ausrichter gefunden werden. Und ich bin froh, dass ich meinen Verein dazu bewegen konnte, die Deutschen Nachwuchs-Meisterschaften in Albstadt zu organisieren, was in der Kürze der Zeit nicht einfach ist. Das werden erschwerte Bedingungen und ist unter anderem nur möglich, weil der AB-Kader der Elite mithelfen wird. Für mich ist es ein tolles Signal, wenn die deutsche Spitze sich für den Nachwuchs einsetzt. Dafür ein großes Dankeschön.
Im August finden in Glasgow die Disziplin übergreifenden Weltmeisterschaften statt. Mit welchen Erwartungen reisen Sie nach Glasgow?
Maute: Sportlich möchten wir natürlich unsere Vormachtstellung verteidigen. Aber ich erhoffe mir natürlich auch, dass sich der Hallenradsport im Kreise aller Radsportarten gut präsentiert, eine hohe Wahrnehmung erfährt und dadurch seine Stellung in der UCI verbessern kann. Dafür wäre es toll, wenn viele Hallenradsportfans in Glasgow die einzigartige Stimmung einer Hallenradsport-Weltmeisterschaft zaubern.