Berlin (rad-net) - Die Mannschaftsverfolger waren lange Zeit das Sorgenkind des Bund Deutscher Radfahrer (BDR). Verpasste Olympiaqualifikationen, schwache Zeiten, Besetzungsprobleme. Das gehört längst der Vergangenheit an. Die männlichen Verfolger haben sich in den letzten zwei Jahren sehr stark entwickelt. Jetzt ziehen die Frauen nach. Das große Ziel, bei den Olympischen Spielen in Tokio ins Kleine Finale zu fahren, ist möglich.
Die Leistungsentwicklung in den deutschen Vierern ist deutlich spürbar: In diesem Jahr sind die Rekorde in der Mannschaftsverfolgung gleich mehrfach gepurzelt. Derzeit steht die Bestleistung der Männer bei 3:55,303 Minuten, aufgestellt beim Weltcup in Paris am 18. Oktober. Der Frauenvierer trug sich zuletzt beim Weltcup in Kanada (27. Oktober 2018) mit der neuen Bestmarke von 4:19,668 Minuten in die Rekordlisten ein.
Und auch der Nachwuchs lässt aufhorchen: Bei der Junioren-EM in Aigle fuhren Ricarda Bauernfeind, Lena Reißner, Finja Smekal und Friederike Stern in 4:39,831 Minuten nicht nur neuen deutschen Rekord, sondern gewannen auch die Bronzemedaille. Am selben Tag verbesserten auch die Junioren Max Gehrmann, Calvin Dik, Jannis Peter und Tobias Buck die Bestmarke auf 4:07,401 Minuten. Hier wachsen junge Talente heran, die über Tokio 2020 hinaus Perspektiven für kontinuierliche, erfolgreiche Verbandsarbeit bieten.
«Im Frauenbereich haben wir vor allem von der Entwicklungen bei den Männern profitiert», sagt BDR-Sportdirektor Patrick Moster. Mit der Gründung des rad-net ROSE Teams 2013, das inzwischen unter dem Namen Heizomat rad-net.de läuft, wurden schon vor Jahren Mittel freigesetzt, die mehr Möglichkeiten schufen, um die Leistung der Kaderathleten zu steigern. Von Anfahrtsstrategien bis Sitzpositionsoptimierung, wurde vieles auf den Prüfstand gestellt und weiterentwickelt. Das zahlt sich heute aus, auch im Frauenbereich. Man arbeitet eng zusammen.
Moster sagt aber auch, dass der Verband viel Geld in die Hand nehmen muss, um die individuelle Förderung abzusichern, damit der Weg Richtung Olympia 2020 weiter erfolgreich bestritten werden kann. «Das ist unser ambitioniertes Ziel: Wir wollen mit beiden Vierern in der Olympia-Qualifikation unter die besten acht Teams der Welt fahren, um dann in Tokio erfolgreich zu sein.» Das Kleine Finale hat Moster ins Auge gefasst. Ein durchaus realistisches Ziel.
Im Ausdauerbereich der Frauen hat die Rückkehr von Lisa Brennauer auf die Bahn dem Vierer einen neuen Schub gegeben. Mit Lisa Klein steht eine weitere starke Straßenfahrerin bereit, erfolgreich in Richtung Olympische Spiele in Tokio in zweieinhalb Jahren zu planen.
Bei der EM vor einem Jahr verpasste das deutsche Frauen-Quartett durch einen Sturz Brennauers den Sprung in die nächste Runde. In diesem Jahr rehabilitierte sich der Vierer mit der Bronzemedaille in Glasgow. Brennauer, Charlotte Becker, Mieke Kröger und Gudrun Stock standen im Aufgebot. Von ihnen wird jetzt in Berlin nur Gudrun Stock am Start stehen, da Brennauer, Klein und Becker nach der langen Saison auf Bahn und Straße eine Pause einlegen und Mieke Kröger verletzt ausfällt.
«Das ist die Chance der Jungen, sich in Berlin zu profilieren», hofft Moster auf ein gutes Abschneiden beim Weltcup. Franziska Brauße (Eningen), Michaela Ebert (Plauen), Lea-Lin Teutenberg (Köln) und Laura Süßemilch (Aulendorf) gehörten bereits im August zum U23-Vierer, der bei den Europameisterschaften in Aigle erfolgreich auf den Bronzerang fuhr. Sie stehen für Berlin im erweiterten Aufgebot, neben Gudrun Stock (München), Tanja Erath (Schwaigern), Tatjana Paller (Plauen) und Anna Knauer (Eichsstätt), die derzeit aber noch eine Atemwegserkrankung plagt.