Frankfurt (rad-net) - In den vergangenen Tagen konnten die Ausdauer-Spezialisten auf der Bahn erstmals wieder seit Ausbruch der Corona-Pandemie gemeinsam trainieren, nachdem auch sie nach der erfolgreichen Weltmeisterschaft in Berlin mit WM-Bronze für Theo Reinhardt und Roger Kluge im Zweiermannschaftsfahren sowie dem deutschen Rekord und erfolgreicher Olympia-Qualifikation für den Bahnvierer gestoppt wurden. Ab morgen steht mit der Dookola Mazowsza (UCI 2.2) für die Bahn-Fahrer das erste internationale Straßenrennen auf dem Programm.
Im Interview spricht Bahn-Bundestrainer Sven Meyer über die Auswirkungen der Corona-Krise auf die Bahnradsportler sowie die Pläne auf dem Weg nach Tokio 2021.
Wie war das Wiedersehen für die Sportler?
Sven Meyer: Das war relativ normal, alle haben irgendwie während der Zwangspause auch über die diversen Social-Media-Kanäle mal mehr oder auch mal weniger Kontakt gehalten. Ich denke aber, alle sind froh, dass es jetzt wieder losgeht und wir auch wieder gemeinsam trainieren können – und aktiv in Richtung Olympische Spiele gehen können.
In Frankfurt an der Oder waren teilweise 17 Sportler im Lehrgang dabei, nur World-Tour-Profi Roger Kluge ist nicht angereist. Wie haben sich die Athleten präsentiert?
Meyer: Gut. Wir haben keinen Totalausfall dabei – die Befürchtung hatte ich im Vorfeld durchaus ein wenig, dass der eine oder andere gar nicht richtig in Schwung kommt. Aber alle sind ordentlich drauf und haben trotz der allgemeinen Einschränkungen gut gearbeitet.
Worum geht es in dieser Phase der Saison?
Meyer: Es geht primär darum, wieder reinzukommen, einfach ein paar Basics aufzufrischen und mal wieder das Gefühl für die Bahn aufzunehmen.
In den kommenden Tagen sollen die ersten internationalen Rennen wieder starten, auch unterhalb der World-Tour. Wie sind die Pläne für Ihre Mannschaft?
Meyer: Wir haben überraschenderweise ein wirklich gutes Straßenprogramm für die nächsten Wochen zusammen bekommen, auch im August haben wir Rennen in Polen geplant. Wir gehen damit in den normalen Rhythmus zurück mit Rundfahrten und Trainingslagern. Auf der Bahn in Frankfurt/Oder wollen wir nochmals im September zusammenkommen – um hoffentlich die Vorbereitung auf die Europameisterschaft aufzunehmen. Die EM steht allerdings derzeit in den Sternen.
Wäre ein Höhepunkt wie eine Europameisterschaft wichtig für Sie als Bundestrainer?
Meyer: Natürlich wäre es gut, wenn wir mal wieder in Wettkampfmodus kommen – mehr aber auch nicht. Wir haben derzeit eine komische Situation. Normalerweise sind wir immer mit Druck unterwegs - sowohl die Mannschaften als auch die einzelnen Sportler. Eine EM in diesem Jahr und die nächste EM, die ja bereits im Februar 2021 angesetzt ist, haben aber eigentlich keine Bedeutung, weil es nicht mehr um Qualifikations-Punkte für die Spiele geht. Die nächste WM ist sogar erst nach den Olympischen Spielen 2021. Das schafft eine gewisse Freiheit in der Planung. Der Hauptfokus liegt deshalb ganz klar auf Tokio 2021.
Sie sind seit neun Jahren Bundestrainer, haben den Vierer sukzessive in die Weltspitze zurückgeführt. Nach Platz fünf bei den Spielen 2016 in Rio de Janeiro und einer stetigen Verbesserung der Bestzeiten sollte in diesem Jahr in Tokio der Angriff auf die Bronzemedaille erfolgen. Was hat die Verschiebung um ein Jahr ganz persönlich mit Ihnen gemacht?
Meyer: Die Verschiebung war für mich ein Schlag. Ich habe mich wie alle zielgerichtet auf diesen Wettbewerb vorbereitet und hatte klare Pläne für die Zeit nach den Olympischen Spielen 2020. Ich wollte gern einen Schritt zurücktreten, um von Grund auf nochmals neue Kraft zu tanken. Jetzt gebe ich das eine Jahr bis zu den Spielen in Tokio Gas und dann schaue ich weiter.