Lüttich (dpa) - Jan Ullrich geht erst zum zweiten Mal in seiner achteinhalb jährigen Profi-Karriere an den Start des wohl schwersten Weltcup-Rennens Lüttich-Bastogne-Lüttich. «Ich probiere, ein gutes Rennen zu fahren», stapelte der Olympiasieger, der sich am Ostermontag mit einem überraschenden Solo-Sieg bei «Rund um Köln» eindrucksvoll zurückgemeldet hatte, tief.
Ullrich trainierte auf der Strecke des ältesten Radsport-Klassikers, der auf 258,5 km zwölf zum Teil anspruchsvolle Anstiege aufweist. Der Frankfurter Dietrich Thurau war 1979 der bisher einzige deutsche Rad-Profi, der das seit 1892 gefahrene Rennen gewinnen konnte.
«Er hat den Flèche Wallonne vom Mittwoch gut verkraftet, obwohl er natürlich am Ziel ganz schön kaputt war. Im Training läuft alles nach Plan. Wir haben ja nichts zu verlieren», sagte Ullrich-Betreuer Rudy Pevenage, der den vierfachen Tour-de-France-Sieger Lance Armstrong (USA) und die Italiener Francesco Casagrande und Michele Bartoli als Top-Favoriten ansieht.
«Ein Platz unter den ersten 30 wäre schön», sagte Pevenage und steckte damit für Ullrich, der in diesem Jahr nach 14 monatiger Pause beim fünften von zehn Weltcup-Rennen erst sein elftes Saison-Rennen bestreitet, ein relativ bescheidenes Ziel. Auf jeden Fall will Ullrich, der die Tour de France und die WM in Hamilton/Kanada als persönliche Saison-Höhepunkte ausgemacht hat, diesmal bei Lüttich- Bastogne-Lüttich weiter kommen als bei seiner Premiere 1995. In seinem ersten Profijahr stieg der gebürtige Rostocker bei der ersten Verpflegungs-Stelle nach knapp 100 km vom Rad.
Während Coast mit Ullrich und Vuelta-Sieger Angel Casero (Spanien) antritt, und Telekom mit dem Amstel-Sieger Alexander Winokurow (Kasachstan) und Matthias Keßler (Nürnberg) das Stärkste vom Stärksten schickt, kann die dritte deutsche GS I-Formation Gerolsteiner nur eine Rumpf-Mannschaft aufbieten. Gerolsteiner benannte notgedrungen nur sechs von acht möglichen Startern. Die Ärzte verordneten Team-Kapitän Davide Rebellin eine zehntägige Wettkampfpause. Der Italiener (2001 zweiter in Lüttich) hatte sich bei seinem Sturz beim Flèche Wallonne einen Haarriss im Schulterblatt zugezogen.
«Wir wären enttäuscht, wenn wir nicht gewinnen», versprühte Telekom-Manager Walter Godefroot, zu aktiven Zeiten 1967 selbst Sieger in Lüttich, großen Optimismus vor dem letzten Frühjahrs-Klassiker. Nach Lüttich-Bastogne-Lüttich macht der Weltcup bis zu den HEW-Cyclassics am 3. August in Hamburg Pause. Nach seinen Siegen bei der Flandern-Rundfahrt und bei Paris-Roubaix führt der Belgier Peter van Petegem den Jahres-Wettbewerb mit großem Vorsprung an.