Amberg (rad-net) - Die 27-jährige Mountainbikerin Anja Gradl hat gegenüber «rad-net» das Ende ihrer Profi-Karriere bestätigt. Die Oberpfälzerin, 2010 Deutsche Vize-Meisterin im Cross-Country, wird künftig eine Stelle als Wirtschaftsjuristin antreten.
«Ich habe das für mich schon länger entschieden», erklärt Anja Gradl. «Ich hatte in den letzten drei Jahren so viele Rückschläge. Jedes Mal hat mein Körper nach einer guten Wintervorbereitung mit einer Verletzung oder einem Infekt geantwortet.» Die talentierte Kletterkünstlerin war in den vergangenen drei Jahren immer wieder an Verletzungen gescheitert, darunter Rippenbrüche und zuletzt ein Schlüsselbeinbruch vor der Europameisterschaft in Bern.
Daher sei die Entscheidung letztlich zugunsten der beruflichen Karriere ausgefallen. Gradl hat ein Angebot angenommen, das sie schon vor Jahresfrist bekommen hatte: zum 1. Januar 2014 beginnt sie in einer Anwaltskanzlei. «Da findet mein Studium eine breite Anwendung. Ich freue mich drauf», betont die Wirtschaftsjuristin.
Bedauern würde sie nichts, sagt sie nach rund zehn Jahren Leistungssport. «Das alles hört sich vielleicht dramatisch und schade an, aber ich spüre überhaupt keine Bitterkeit. Ich habe so viel erlebt, so viele schöne Augenblicke gehabt und sehr, sehr viel gelernt im Leistungssport», sagt Gradl und bezeichnet den Sport als «tolle Lebensschule». Sie würde jedem jungen Athleten raten, die Chance auf eine Karriere im Leistungssport zu ergreifen, wenn er sie bekommt.
Allerdings gibt sie dem Nachwuchs auch mit auf den Weg, sensibler auf den eigenen Körper zu hören als sie es selbst getan habe. Zu oft habe sie unter Schmerzen trainiert und Rennen gefahren. «Das hat mich sehr viel Energie gekostet, obwohl ich es erst einmal gar nicht so registriert habe», bekennt die Ambergerin.
Neben der Silbermedaille bei der Deutschen Meisterschaft 2010 waren ein neunter Platz bei der EM 2011, der elfte Platz beim Weltcup in Schladming und ein 15. beim Weltcup in Val d’Isére 2012 die besten Resultate in Gradls Karriere. Dazu kommen viele Podestplätze bei Bundesliga-Rennen und im nahen Ausland.
Ein Mountainbike hat sie von einem örtlichen Bike-Shop bekommen, damit sie auch weiter trainieren kann - sofern sie nächstes Jahr überhaupt noch Zeit dafür haben wird. «Das werde ich erst einmal abwarten. Mir macht der Sport nach wie vor sehr viel Spaß und wenn ich die Gelegenheit habe, fahre ich vielleicht ein paar regionale Cross-Country-Rennen oder Marathons», blickt die 27-Jährige voraus.
Dem deutschen Cross-Country-Sport geht mit Anja Gradl eine Bikerin mit guten Anlagen verloren. Als Weltmeisterin hätte sie sich zwar nie gesehen, sagt sie selbst, aber ohne all die Stolpersteine wäre das eine oder andere Top-Ten-Resultat im Weltcup wohl möglich gewesen. Auch in Zukunft hätte sie definitiv für eine höhere Leistungsdichte unter den deutschen Bikerinnen gesorgt.
Nachdem Mona Eiberweiser unfreiwillig aufgeben musste und Silke Schmidt bereits 2012 ebenfalls den Beruf als Schwerpunkt gewählt hat, fällt eine weitere potenzielle Kader-Fahrerin weg. Bundestrainer Peter Schaupp sagt über Gradls Abschied vom Leistungssport: «Man muss das respektieren, aber sie wird uns als Option natürlich fehlen.»
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