Ilmenau (dpa) - Der Ärger nach dem Sommer-Theater ist verzogen, Pascal Ackermann schlägt wieder versöhnliche Töne an.
«Es ist immer noch ein Business. Ich habe mit Ralph (Denk) kein schlechtes Verhältnis», sagt der Topsprinter über seinen Teamchef, nachdem er bei der Deutschland Tour mit dem Auftaktsieg in Schwerin alte Klasse bewiesen hatte. Noch vor zwei Monaten hatte Ackermann seinem Geldgeber beim Bora-hansgrohe-Rennstall Wortbruch vorgeworfen, nachdem er wieder nicht für die Tour de France berücksichtigt worden war. Denk verwies indes auf die schwachen Leistungen.
Verärgert schlug Ackermann das Kapitel beim oberbayerischen Team zu und unterschrieb für die nächsten beiden Jahre einen Vertrag bei der UAE-Mannschaft um Superstar Tadej Pogacar. Dort soll das gelingen, wovon der schnelle Radprofi aus der Pfalz vergeblich die letzten fünf Jahre geträumt hatte. «Ich hoffe, dass ich demnächst bei der Tour am Start stehe und zeige, was ich kann. Auf den Moment warte ich», sagte der 27-Jährige.
Altstar Jens Voigt, mit 17 Tour-Starts deutscher Rekordteilnehmer, ist da eher skeptisch. «Vielleicht kann er ja beim Giro oder der Vuelta ein paar Etappen gewinnen. Er ist ein reiner Sprinter. Wenn du zur Tour willst, musst du zumindest ein paar Berge fahren können, um Pogacar zu helfen. Das glaube ich nicht, dass sie ihn da mitnehmen», sagte der zweimalige Deutschland-Tour-Gewinner der Deutschen Presse-Agentur.
Es erscheint sicher fraglich, ob sich die UAE-Mannschaft den Luxus eines Topsprinters bei der Frankreich-Rundfahrt erlauben wird. Schließlich wurden in Joao Almeida (Portugal) und George Bennett (Neuseeland) weitere Männer geholt, um den zweimaligen Tour-Champion aus Slowenien zu unterstützen. Ackermann ist trotzdem von der Richtigkeit seiner Entscheidung überzeugt. «Ich freue mich tierisch auf ein neues Umfeld, neue Fahrer - einfach mal auf was Neues. Ich war jetzt fünf Jahre im gleichen Team und muss einfach mal was Neues sehen. Daher freue ich mich auf einen kompletten Tapetenwechsel», sagte Ackermann der dpa.
Bei Bora hatte ihm jahrelang der dreimalige Weltmeister Peter Sagan im Weg gestanden. Trotzdem entwickelte sich der Blondschopf in dessen Windschatten zu einem Topsprinter. Ackermann gewann je zwei Etappen beim Giro d'Italia (2019) und der Vuelta (2020). Der legitime Nachfolger von André Greipel und Marcel Kittel (zusammen 25 Tour-Etappensiege) schien gefunden. Das Wort von Denk stand auch. Doch die Leistung von Ackermann im Frühjahr passte gar nicht mehr, dazu stockten die Vertragsgespräche.
Dem Ärger folgte die Befreiung. Fünf Siege holte Ackermann bei kleineren Rundfahrten, nun der Erfolg vor heimischer Kulisse. «Die Form war das ganze Jahr nicht schlecht. Es war ein bisschen unglücklich. Wir hatten auch ein schweres Frühjahr mit dem Autounfall im Training. Danach sind wir nie so richtig in Schwung gekommen», erklärt Ackermann und fügt hinzu: «Jetzt haben wir einen Neustart. Wir werden alles versuchen. Es ist das letzte Mal, wo wir alle zusammenfahren. Da wollen wir jedem zeigen, was wir können.»
Ackermann will sich mit weiteren Siegen versöhnlich verabschieden. Und womöglich gibt es in Zukunft ja noch einmal ein Comeback. «Man weiß nie, vielleicht trifft man sich wieder im Leben», sagt Ackermann.