Roubaix (dpa) - Fabian Cancellara wird zum Alptraum für Tom Boonen. Der Goldmedaillengewinner von Peking feierte mit seinem Solo-Sieg bei der 108. Austragung von Paris-Roubaix nach seinem Triumph bei der Flandern-Rundfahrt vor einer Woche eine seltene Doublette.
Rund 50 Kilometer vor dem Ziel startete er seine Offensive, erreichte das Ziel mit zwei Minuten Vorsprung und verhinderte den vierten Erfolg Boonens im Velodrom von Roubaix. Cancellaras Sieg nach 259 Kilometern - 52,9 davon führten über die gefürchteten Kopfsteinpflaster-Passagen der «Hölle des Nordens» - ähnelte seinem Coup in Meerbeke vor einer Woche.
Bei seinem zweiten Sieg in Roubaix nach 2006 hatte Cancellara Bonnen wie vor einer Woche mit einem mächtigen Antritt weit vor dem Ziel überrascht und ihn fast hilflos zurückgelassen. Sieben Tage nach seinem zweiten Platz bei der Flandern-Rundfahrt hinter Cancellara verfehlte der am Ende ausgelaugte Vorjahressieger Boonen diesmal das Treppchen auf Rang fünf deutlich. Er scheiterte auch deshalb, weil er bei der Verfolgung des «Überfliegers» mit dem weißen Kreuz auf der Brust keine Allianzen mit anderen Fahrern schmieden konnte.
1923 war Henri Suter der letzte Schweizer, der den Doppelsieg schaffte. «Als ich ins Velodrom gefahren bin, war das einer der emotionalsten Momente, die ich je erlebt habe. Ich bin in einer Superform und war sehr motiviert, auch hier zu gewinnen», sagte Cancellara, der seinem Teamchef Bjarne Riis die besten Argumente bei der Sponsorensuche für das kommende Jahr lieferte.
Das Finale bei Trockenheit und einigen Sonnenstrahlen hatte Topfavorit Boonen mit drei kurzen Attacken rund 60 Kilometer vor dem Ziel eingeläutet. Nur noch 12 der insgesamt 27 Kopfsteinpflaster- Passagen lagen zu diesem Zeitpunkt vor den Fahrern. Die Tempoverschärfung konnten Boonens ärgster Widersacher Cancellara und noch rund 15 Fahrer mitgehen. Dann kam der große Auftritt des 29- jährigen Schweizers aus dem Saxo-Bank-Team, der Boonen 48,5 Kilometer vor dem Ziel mühelos wegfuhr.
Schnell hatte der Zeitfahrweltmeister 20 Sekunden Vorsprung und der überrumpelte Belgier versuchte vergeblich Boden gut zu machen. Innerhalb von fünf Kilometern hatte Cancellara auf seiner Sonderanfertigung «Specialized Black» 30 Sekunden auf den belgischen Weltmeister von 2005 herausgefahren. 30 Kilometer vor dem Ziel waren es schon 1:28 Minuten.
Der Schweizer, der den Norweger Thor Hushovd und den Spanier Juan Antonio Flecha mit 2:00 Minuten auf die Plätze verwies, war im Ziel aus Erschöpfung und Rührung zunächst sprachlos. «Kein Kommentar, kein Kommentar», sagte Cancellara auf erste Reporter-Fragen. Danach lag er sich mit seiner Frau Stefanie lange in den Armen. Großen Anteil an Cancellaras Coup hatte auch seine Mannschaft. Beim gelungenen Teamwork für den Kapitän zeichnete sich auch der Bielefelder Neo- Profi Dominik Klemme bei Saxo-Bank aus.
Einen «kleinen» Rekord stellte der Milram-Profi Servais Knaven auf. Der 39-jährige Niederländer, 2001 Sieger im Velodrom von Roubaix, beendete das Rennen bei ebenso vielen Starts zum 16. Mal. Er hatte mit der Entscheidung des Rennens ebenso wenig zu tun, wie die deutschen Profis. Den bisher einzigen deutschen Erfolg bei Paris- Roubaix gab es 1896 bei der Premiere, als Josef Fischer aus Cham am Chiemsee gewann.